Porträt
Selbstverwaltung im Gespräch

„Für die Kassen-Finanzen brauchen wir nachhaltige Lösungen“

Ein höherer Bundeszuschuss soll den gesetzlichen Krankenkassen im nächsten Jahr helfen. Der alternierende Verwaltungsratsvorsitzende der AOK PLUS, Sven Nobereit, sieht jedoch keinen Grund zur Entwarnung.

G+G: Herr Nobereit, wie bewerten Sie die Lage im Gesundheitswesen?

Sven Nobereit: Wir hatten in der vergangenen Legislaturperiode dramatische Ausgabensteigerungen, ohne dabei eine strukturelle und spürbare Verbesserung für unsere Versicherten erreicht zu haben. Wir müssen davon wegkommen, einfach mehr Geld in das System zu stecken. Wir brauchen stattdessen solide und nachhaltige Lösungen.

G+G: Was erwarten Sie von der neuen Bundesregierung?

Nobereit: Trotz des geplanten höheren Bundeszuschusses herrscht dringender Handlungsbedarf für die neue Koalition. Rasche Strukturreformen sind unerlässlich. Auf der Einnahmenseite gehört dazu etwa die Einführung eines verlässlichen und kostendeckenden Bundesbeitrages für Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Zudem sollten versicherungsfremde Leistungen vollständig aus Steuermitteln
finanziert werden. Auf der Ausgabenseite können eine qualitätsorientierte Krankenhausstrukturreform und weitere selektivvertragliche Lösungen zu erheblichen Verbesserungen führen.

G+G: Welche Handlungsbedarfe sehen Sie darüber hinaus?

Nobereit: Die neue Bundesregierung muss die Entmachtung der Selbstverwaltung dringend rückgängig machen und die vollständige Haushalts- und Beitragssatzautonomie der gesetzlichen Krankenkassen wiederherstellen. Die Selbstverwaltung ist demokratisch legitimiert und kennt die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Menschen vor Ort. Damit leistet sie ihren Beitrag zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung.

Bildnachweis: AOK PLUS