Unterstützung auf dem Schirm: Ein Online-Coach fördert die Selbstfürsorge.
Selbsthilfe

Familiencoach Krebs gibt Halt

Eine Krebserkrankung bedroht nicht nur den Patienten selbst. Sie bringt auch seine Angehörigen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Ein Online-Programm hilft ihnen, die eigene Gesundheit im Blick zu behalten. Von Taina Ebert-Rall

Die Diagnose Krebs macht Angst

– auch den Angehörigen der Patienten. In dieser Situation bietet der „Familiencoach Krebs“ Unterstützung. Er ergänzt seit Mitte 2021 eine Reihe von Online-Angeboten der AOK für Menschen in schwierigen Lebensumständen.

„Angehörige sind mindestens ebenso stark psychisch belastet wie die Krebspatienten selbst“, sagt Professorin Anja Mehnert-Theuerkauf. Sie leitet die Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie des Uniklinikums Leipzig, die den Familiencoach zusammen mit dem Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums und der AOK entwickelt hat.

„Einen Menschen, der an Krebs erkrankt ist, zu begleiten – ob als Angehöriger oder Freund – ist eine wichtige Aufgabe und wertvolle Erfahrung, aber gleichzeitig auch eine große Herausforderung“, so die Expertin. „Angehörige müssen das Familien- und Arbeitsleben unter einen Hut bringen, machen sich Sorgen und müssen mehr oder weniger zusehen, wie der geliebte Mensch leidet. Bei den meisten Patienten liegt der Fokus dagegen auf der Behandlung, sie können also etwas tun.“

Umfrage zeigt Entlastungsbedarf.

Dass seelische Belastungen die größte Herausforderung darstellen, hat eine Befragung von 200 Angehörigen von Krebspatienten bei der Konzeption des Online-Programms gezeigt. Hier gaben 67 Prozent der Befragten an, große Angst um ihren erkrankten Angehörigen zu haben, 62 Prozent fühlten sich „oft machtlos“. Jeder fünfte Befragte erklärte, schwierige Themen wie die Krebs-Dia­gnose oder die Angst vor dem Sterben nicht anzusprechen.

„Wir erleben in unseren Sprechstunden oft, dass sich Angehörige reinknien und wenig auf ihre Ressourcen achten“, sagt Mehnert-Theuerkauf. „Dabei muss man gerade in solchen Krisensituationen besonders auf sich achten. Um das zu vermitteln, ist der Coach da.“

Das Programm umfasst ein breites Themenspektrum. Im Bereich „Gut für sich sorgen“ geht es etwa um Strategien zur Bewältigung der eigenen psychischen Belastungen, im Bereich „Beziehungen stärken“ um schwierige Gespräche mit Angehörigen, das Sprechen mit Kindern über die Erkrankung oder um den Einfluss von Krebserkrankungen auf die Sexualität. Der Themenbereich „Sich hilfreich fühlen“ zeigt Möglichkeiten zur Unterstützung der erkrankten Angehörigen auf – zum Beispiel den richtigen Umgang mit Angst, Wut oder Frustration. Auch die palliative Therapie thematisiert das Programm.

In den Themenbereichen „Wissen über Krebs“, „Behandlungen“ und „Krebsarten“ stehen Informationen über die Erkrankung und Therapiemöglichkeiten im Vordergrund. Nutzerinnen und Nutzer erfahren unter anderem, was eine Krebserkrankung in der Familie für das eigene Risiko oder für das der Kinder bedeutet.
 
Der Familiencoach enthält hilfreiche Tipps, interaktive Übungen, Experten-Interviews und Filme, die zeigen, wie Angehörige mit Problemen umgehen. Das Online-Programm ersetzt aber keine persönliche Beratung.

Fundierte Informationen über Krebs.

„Nichts ist schlimmer als die Angst vor dem Unbekannten. Wer mehr über Krebs weiß, fühlt sich sicherer und kann Patientinnen und Patienten besser bei Entscheidungen unterstützen“, erläutert die Leiterin des Krebsinformationsdienstes, Susanne Weg-Remers. „Deshalb stellen wir Angehörigen im Online-Coach aktuelle und vor allem wissenschaftlich fundierte Informationen über Krebs zur Verfügung.“ Ein wissenschaftlicher Beirat mit Expertinnen und Experten aus der Onkologie, der Psychoonkologie und der Selbsthilfe hat die Entwicklung des Programms begleitet.

Taina Ebert-Rall ist Redakteurin beim KomPart-Verlag.
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