In der Zusammenarbeit besteht reichlich Luft nach oben.
Lebensende

Umfrage beleuchtet Sterbeversorgung

Mitarbeitende in Kliniken, Pflegeheimen und Hospizen berichten in einer aktuellen Studie über Defizite in der Versorgung sterbender Menschen während der Corona-Pandemie. Auch darüber hinaus deuten die Ergebnisse auf Potenziale für Verbesserungen hin. Von Änne Töpfer

Rund 80 Prozent

der sterbenden Menschen in Deutschland verbringen ihre letzten Lebenstage im Krankenhaus, Pflegeheim oder Hospiz. Wie es um die medizinisch-pflegerischen und psychosozialen Bedingungen des Sterbens bestellt ist, haben Forschende der TransMIT GmbH Gießen, Projektbereich für Versorgungsforschung, insgesamt 855 Mitarbeitende dieser Einrichtungen gefragt.

Rund 60 Prozent der Befragten berichteten, die Qualität der Versorgung Sterbender habe sich während der Corona-Pandemie „zum Teil erheblich verschlechtert“. Zwar habe die Symptomkontrolle in der Regel weiterhin aufrechterhalten werden können. Doch haben nach den Ergebnissen der Studie Ärzte, Pflegende und andere Therapeuten die sozialen, aber auch fachlichen Zuwendungen während der Pandemie zurückgefahren. Zudem gaben 70 Prozent der Befragten an, dass Angehörige kaum noch einbezogen worden seien.

Problemfelder identifizieren.

Die TransMIT-Forschenden befragten von September bis Dezember 2022 online Mitarbeitende der Gesundheitsversorgung aus allen Bundesländern und aus Österreich. Die Befragten waren zumeist als Pflegende oder Ärzte im Krankenhaus (64 Prozent), stationären Pflegeeinrichtungen (22 Prozent), häuslich-ambulanter Versorgung (zehn Prozent) und Hospizen (vier Prozent) beschäftigt.

Um die Versorgungssituation zu erfassen, haben die Forscherinnen und Forscher – wie bereits in zwei Vorläufer-Befragungen 1988/89 und 2012/13 – einen 1988 entwickelten Fragebogen eingesetzt. Er umfasst insgesamt 40 Fragen zu personellen, materiellen und räumlichen Ressourcen, Symptomkontrolle, Aufklärung, Arbeitsklima, Angehörigenintegration, Kooperation mit Versorgungspartnern und dem Umgang mit den Verstorbenen. Ergänzt wurde er um acht Fragen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie und zur Zukunft der Sterbeversorgung. „Natürlich ist die Über­­tragung von Befragungsergebnissen auf die Versorgungsrealität mit Grenzen verbunden. Zugleich handelt es sich um mehr als ein Stimmungsbild“, betont Studienleiter Professor Wolfgang George. Er bezeichnet die Befragung als Monitoring: „Identifizierte Problemfelder können dann mit ergänzenden Methoden und Verfahren noch sorgfältiger ausgeleuchtet werden.“

Unterschiede zwischen Stationen.

Verbesserungen sehen die Autoren der Studie im Vergleich zur Situation 2012/13: Angehörige wie auch Ehrenamtliche würden heute „systematischer einbezogen“. Auch hinsichtlich von Information, Aufklärung und Prognosekommunikation sehen sie – wenn auch nur geringfügige – Fortschritte. Allerdings beklagte sich eine größere Gruppe der Befragten (mehr als 60 Prozent) über „beständig unzureichende zeitliche und personelle Ressourcen“.

Bei den „erreichten Qualitäten“ der Versorgung in Krankenhäusern spielt nach Ergebnissen der Studie die Art der Trägerschaft keine Rolle. Allerdings berichten die Autoren von Unterschieden zwischen den Stationen. Auf Palliativstationen bestünden demnach die besten Voraussetzungen für die Sterbenden, deren Angehörige, aber auch für die Mitarbeitenden (hinsichtlich Arbeitsklima und Ressourcen). „Demgegenüber sind es die Allgemeinstationen, welche die schwierigsten Bedingungen und erreichten Versorgungsergebnisse aufzeigen“, heißt es in einer Pressemeldung zur Studie. Dies reiche von der vollzogenen Symptomkontrolle über die Wahrscheinlichkeit, allein zu versterben bis hin zum Vorhandensein notwendiger Pflegehilfsmittel. Zudem gaben 65 Prozent der Befragten an, dass „oftmals beziehungsweise immer unnötig lebensverlängernde Maßnahmen ergriffen würden“.

Veröffentlichung geplant.

Die TransMIT-Forschenden wollen die genaueren Ergebnisse ihrer Studie zur Versorgung Sterbender im Laufe des Jahres 2023 veröffentlichen. „Ziel muss es sein, die erreichten Versorgungsqualitäten nicht nur zu erhalten, sondern weiterhin zu verbessern. Dabei besteht vor allem auch in der Versorgungssystematik, das heißt der abgestimmten Zusammenarbeit der Behandler untereinander und mit den betroffenen Patienten beziehungsweise deren Familien, reichlich Luft nach oben“, unterstrich Studienleiter George.

Änne Töpfer ist verantwortliche Redakteurin der G+G.
Bildnachweis: iStock.com/ra-photos