E-Sport birgt Gesundheitsrisiken
Der sportliche Wettkampf mit Computerspielen hat sich zu einem Massenphänomen entwickelt. Eine Studie zeigt auf, dass Profis wie Amateure im E-Sport vielfältigen psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Von Thorsten Severin
Im Rahmen
der „E-Sport Studie 2023“ der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) und der AOK Rheinland/Hamburg wurden insgesamt 1.073 Gamerinnen und Gamer zwischen 14 und 64 Jahren befragt. Zwar stuften sie wie schon in den vier vorangegangenen Untersuchungen ihren Gesundheitszustand selbst als „gut“ bis „sehr gut“ ein. Doch die Resultate in den Bereichen Wohlbefinden und Resilienz fallen deutlich schlechter aus.
Knapp jeder fünfte E-Sportler (17 Prozent) – vom Profi bis zum Amateur – zeigt erste Anzeichen psychischer Beschwerden. Ebenso liegt das psychische Wohlbefinden von knapp 17 Prozent der Befragten unter dem von den Wissenschaftlern definierten Grenzwert. Die Spielerinnen und Spieler weisen somit nach Einschätzung der Autoren ein erhöhtes Risiko für eine klinische Depression auf. Der Mittelwert aller E-Sportler liegt unter dem Durchschnitt der Normwerte. Beim allgemeinen Wohlbefinden liegt sogar ein Drittel der Befragten unter dem Grenzwert. Bis auf die Gruppe der E-Sport-Profis weisen alle befragten Personengruppen auch eine niedrige psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) auf.
Wohlbefinden lässt zu wünschen.
„Es ist äußerst beunruhigend, dass die Ergebnisse zum Wohlbefinden und zur Resilienz im Vergleich zur Normalbevölkerung unterdurchschnittlich ausfallen, obwohl der subjektive Gesundheitszustand positiv wahrgenommen wird“, sagt der Leiter des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation der DSHS, Professor Ingo Froböse. Dem Experten zufolge sollten die psychischen Belastungen von E-Sportlern nicht unterschätzt werden. Im professionellen Bereich seien sie mit starker Konkurrenz, kurzen Verträgen, hohem Leistungsdruck und häufig einem Vollzeitjob neben der Karriere konfrontiert. Unter den Profis sei ein frühes Karriereende aufgrund psychischer Belastungen daher nicht selten.
Mehr Bewegung notwendig.
Der Erhebung zufolge ist dem Großteil der Spielerinnen und Spieler die Pflege der eigenen mentalen Gesundheit sehr wichtig und sie wissen auch, wie sie diese ausbauen können. Dennoch tut nur knapp die Hälfte der Befragten bewusst etwas dafür. Erste Anzeichen von psychischen Problemen würden von den Gamern womöglich nicht als solche wahrgenommen, vermuten Froböse und sein Team. Es sei aber schön zu sehen, dass ihnen die mentale Gesundheit inzwischen bewusst sei, so der Wissenschaftler. „Nun gilt es, sie auch dahingehend zu unterstützen und zu sensibilisieren, dass sie ihr Gesundheitsverhalten dementsprechend anpassen.“
Neben Programmen zur Pflege der mentalen Gesundheit und Resilienz muss laut Froböse auch die Bewegungsförderung Bestandteil der Gesundheitsprävention in dieser Zielgruppe sein. Die Spielerinnen und Spieler sollten ihre Sitzzeiten reduzieren und sich mehr belasten. Die AOK Rheinland/Hamburg will Gamerinnen und Gamern nach Angaben von Vorstandsmitglied Sabine Deutscher in Schulen und bald auch Betrieben passgenaue Angebote machen.
E-Sportler sind meist männlich.
Die Studie brachte weitere Erkenntnisse zutage: Der „Durchschnittsgamer“ ist zu 72,5 Prozent männlich und im Schnitt 25 Jahre alt. 52,6 Prozent der Befragten bringen ein Normalgewicht auf die Waage. 83 Prozent der Begeisterten spielen Videospiele hauptsächlich am PC, rund 14 Prozent über die Konsole. 157 Minuten pro Tag treten Gamer gegen andere Menschen an und 52 Minuten gegen den Computer. Als präferierte Spielgenres nannte weit über die Hälfte der Teilnehmenden MOBA (Multiplayer Online Battle Arena) oder Taktik-Shooter. Zu diesen Gruppen zählen einige der meistgenutzten Videogames wie „League of Legends“ oder „Counter Strike: Global Offensive“.