Krankenhausreform jetzt?
Die Corona-Krise ist für den stationären Sektor eine schwere Belastungsprobe. Welche Lehren lassen sich aus der Pandemie für eine Krankenhausreform ziehen?
Dr. Gerald Gaß, Designierter Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG):
Corona bedeutet für alle Krankenhausreform-Pläne, sich von den einfachen, liebgewordenen Wahrheiten zu verabschieden. Auf dem Reißbrett entstandene Berechnungen – das hat die Pandemie gezeigt – sind für die Versorgung im realen Leben nichts wert. Wir werden ändern müssen, aber wir werden konstruktiv ändern müssen, und das geht nur im Dialog. Das setzt voraus, dass die flächendeckende, wohnortnahe Versorgungssicherheit weiterhin Anspruch bleibt und dass Kapazitätsabbau kein Wert an sich ist – bei allen Versuchen, eine Konzentration bei spezialisierter Leistung zu erreichen. Das sind die Lehren aus Corona.
Prof. Dr. Reinhard Busse, Fachgebietsleiter Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin:
Wir befinden uns in der schwersten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten, und die Krankenhäuser bitten um finanzielle Hilfe. Es geht dabei nicht etwa um die Vergütung der Covid-19-Patienten, die derzeit bis zu fünf Prozent der verfügbaren Betten füllen, sondern um Geld für die vielen leerstehenden Betten. Noch immer mit der Illusion, dass diese „nach Corona“ wieder gefüllt werden können. Nie war es so offensichtlich, dass eine grundlegende Reform hin zu weniger, aber technisch und personell besser ausgestatteten Krankenhäusern mit deutlich weniger unnötigen Bettenkapazitäten überfällig ist.
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes:
Die Corona-Pandemie ist eine historische Herausforderung für unser Gesundheitswesen. Die Krankenhäuser haben schnell auf die Pandemie reagiert und so verhindert, dass sich das Virus im stationären Bereich ausbreiten konnte. Erste Analysen haben gezeigt, dass die Bewältigung der Krise vor allem von Maximalversorgern geleistet wurde. Eine Bestätigung für die bestehenden Strukturen mit vielen kleinen Kliniken in Ballungsgebieten lässt sich aus dem Pandemiegeschehen nicht ableiten. Maximalversorgung verstärkt zu bündeln und gleichzeitig die flächendeckende Grundversorgung zu sichern, ist die Aufgabe der Zukunft.
Dr. Jürgen Malzahn, Leiter der Abteilung stationäre Versorgung und Rehabilitation im AOK-Bundesverband:
Corona zeigt, wie notwendig eine Krankenhausreform ist. Nur durch Zentralisierung von Leistungen können wir den Herausforderungen auf dem Personalsektor und den Qualitätsansprüchen der Patienten gerecht werden. Die Patientensteuerung ist essenziell. Das gestufte Modell für die Versorgung der Covid-19-Patienten in geeigneten Kliniken ist notwendig. Beatmungspatienten müssen so lange wie möglich in Kliniken mit entsprechender Erfahrung versorgt werden. Gut ist, dass sich die Intensivmedizin vernetzt hat. Damit ist die Verlegung von Covid-19-Patienten zwischen Bundesländern möglich, um eine Belastung in einer Region zu verhindern.