Thema des Monats

Schulterschluss in der Corona-Krise

In der Corona-Pandemie sind die EU-Staaten näher zusammengerückt. Rat, Parlament und Kommission haben in den sechs Monaten der deutschen Präsidentschaft erste Konsequenzen aus den Fehlern im Frühjahr 2020 gezogen. Das Gesundheitsbudget ist nun deutlich erhöht, und die Vorschläge für eine Gesundheitsunion nehmen erste Konturen an. Von Thomas Rottschäfer

Kein Gipfelfoto mit strahlenden Regierungschefs, stattdessen ein in den Europafarben angestrahltes Brandenburger Tor: Am 31. Dezember 2020 überreichte Außenminister Heiko Maas im Rahmen der Trio-Präsidentschaft mit Portugal und Slowenien den Staffelstab der EU-Ratspräsidentschaft virtuell an seinen portugiesischen Amtskollegen Santos Silva. Die Übergabe per Videoschalte war symptomatisch für die 13. deutsche Rats­präsidentschaft. Corona-bedingt fanden nur 20 bis 30 Prozent der Rats-, Ausschuss- und Arbeitsgruppen-Sitzungen physisch statt. Die meisten Zusammenkünfte gingen digital über die Bühne. Viele von der Bundesregierung im Rahmenprogramm geplante Aktivitäten fielen aus, darunter auch ein Großteil der im Begleitprogramm des Bundesgesundheitsministeriums vorgesehenen Veranstaltungen.

Unter dem Eindruck der Pandemie hatte die Bundesregierung ihre Handlungsschwerpunkte vor dem Beginn der Präsidentschaft am 1. Juli 2020 bereits auf Wesentliches beschränkt. Im Mittelpunkt standen das Bewältigen der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-19-Pandemie, das Verbessern des europäischen Krisenmanagements, die Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 und das von der EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagene Wiederaufbauprogramm „Next Generation Europe“. Zudem galt es, den Verhandlungsmarathon über das künftige Verhältnis zu Großbritannien zu einem halbwegs guten Ende zu führen. Sowohl der durch Polen und Ungarn lange block­ierte Abschluss des EU-Haushalts als auch der vorläufige Schlussstrich unter das Brexit-Drama gelangen auf den letzten Zentimetern der deutschen Präsidentschaft.

Gute Noten vergeben.

Für ihr EU-Krisenmanagement bekommt die Bundesregierung überwiegend Lob. „Gut gemacht!“, ur­teilte zu Jahresbeginn das in Brüssel ansässige europapolitische Leitmedium „Politico“. Alles in allem sei es Deutschland gelungen, die EU trotz der „gigantischen Herausforderungen der Pandemie“ zusammenzuhalten. Im Notenspiegel des Magazins für ein­zelne Politikbereiche sticht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hervor. „Berlin leitete eine wesentliche Neuintegration der europäischen Gesundheitspolitik ein“, urteilt „Politico“. Spahn habe „eine etwas zögerliche Kommission“ gedrängt, „neue Befugnisse und Ressourcen für die Europäische Arzneimittel-Agentur und das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten vorzuschlagen“ und nach dem Ausstieg der USA aus der Weltgesundheitsorganisation die Rolle der EU in der WHO gestärkt.

Porträt von Evert Jan van Lente, Ständiger Vertreter der AOK in Brüssel

„Die EU-Pharmastrategie benennt erstmals konkret alle Probleme“

Im G+G-Interview spricht Evert Jan van Lente, Ständiger Vertreter der AOK in Brüssel, über die zentralen Ziele der Pharmastrategie, sieht aber auch offene Fragen. Zum G+G-Interview ...

In das Jahr 2021 ist die EU mit einem Rekordhaushalt gestartet. Der mehrjährige Finanzrahmen bis 2027 umfasst 1,07 Billionen Euro, der Wiederaufbaufonds weitere 750 Milliarden Euro. Für die Corona-Wirtschaftshilfen darf die EU-Kommission erstmals selbst Geld am Finanzmarkt aufnehmen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Staatengemeinschaft wird das Auszahlen von EU-Geld mit dem Einhalten rechtsstaatlicher Standards verknüpft, wenngleich Ungarn und Polen sich die Zustimmung zum Haushalt durch Abstriche bei der Schlagkraft dieses Rechtsstaatmechanismus teuer abkaufen ließen.

Finanzmittel für Gesundheit deutlich aufgestockt.

In den nächsten sieben Jahren steht deutlich mehr Geld für die EU-Gesundheitspolitik zur Verfügung. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides kann über 5,1 Milliarden Euro für ihr Programm „EU4Health“ verfügen. Das verdankt sie vor allem dem Europa­parlament. Denn bei dem mit 91 Stunden und 20 Minuten zweitlängsten Gipfelpoker der EU-Geschichte im Juli 2020 hatten die Staats- und Regierungschefs die von Kyriakides ursprünglich geforderten 9,4 Milliarden Euro drastisch auf 1,7 Milliarden Euro heruntergekürzt. Doch die Europaabgeord­neten stellten sich quer und machten eine deutliche Aufstockung zu einer Bedingung für ihr Ja zu Haushalt und Wiederaufbaufonds.

Kommission strebt nach mehr Kompetenzen.

Kyriakides drängt mit Unterstützung von Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf den Aufbau einer „Gesundheitsunion“, die über die bishe­rigen EU-Kompetenzen in der Gesundheitspolitik hinausgehen soll. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung einer neuen EU-Agentur für fortgeschrittene biomedizinische Forschung und Entwicklung in Europa (HERA). Im Europaparlament kündigte von der Leyen im September vergangenen Jahres an, sie wolle 2021 bei einer „Konferenz über die Zukunft Europas“ mit den Mitgliedstaaten über die Zuständigkeiten im Gesundheitsbereich sprechen. Die Kommissionschefin wünscht sich neben mehr eigenen Kompetenzen auch die Möglichkeit zum Ausrufen eines EU-Notstands. Das könnte nach ihrer Darstellung „eine engere Koordinierung ermöglichen und die Entwicklung, Bevorratung und Beschaffung von krisenrelevanten Produkten gestatten“.

Die gemeinsame Covid-19-Impfstoffstrategie ist ein Schwerpunkt der EU-Maßnahmen zur Krisenbewältigung. Durch Lieferverträge der EU-Kommission mit den sechs Pharmaunternehmen Biontech/Pfizer, Moderna, Astra/Zeneca, Sanofi/GSK, Curevac und Janssen Pharmaceutica haben sich die 27 Mitgliedsländer knapp zwei Milliarden Impfdosen gesichert. Am 27. Dezember 2020 wurden Sondierungsgespräche mit dem Pharma­unternehmen Novavax über den Bezug von 200 Millionen Dosen eines weiteren möglichen Impfstoffs abgeschlossen.

Am 21. Dezember 2020 hat die Kommission auf Empfehlung der EU-Arzneimittel-Agentur (EMA) und mit Zustimmung der Mitgliedstaaten den Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer in der EU bedingt zugelassen. Am 6. Januar dieses Jahres erfolgte die bedingte Zulassung des Moderna-Impfstoffs. Da zum Zeitpunkt der Verhandlungen im vergangenen Herbst noch nicht klar war, welcher Impfstoff besonders aussichtsreich ist, hat die EU-Kommission bei ihren Verhandlungen auf ein breites Portfolio von Herstellern und Produktionsvarianten gesetzt. Zudem hat die EU, anders als beispielsweise die USA, darauf geachtet, die Vertragspartner nicht aus der Haftung für mögliche Gesundheitsschäden zu entlassen.

Die Kommission verhandelt im Auftrag der Mitgliedstaaten über Preise und Auftragsvolumen. Die Verteilung erfolgt entsprechend der Bevölkerungszahlen. Bezahlt werden die Impfstoffe aber nicht aus dem EU-Haushalt, sondern von den einzelnen Mitgliedstaaten entsprechend der jeweiligen Abnahmezahlen.

Weitere Informationen zur EU-Krisenreaktion und -Impfstoffstrategie

Bei den Gesundheitspolitikern im Europaparlament stieß von der Leyen mit ihrem Vorstoß für mehr EU-Gesundheits­politik überwiegend auf Zustimmung. „In den vergangenen Jahren haben die Mitgliedstaaten die EU oft am Handeln gehindert, und in der Corona-Pandemie haben wir alle einen hohen Preis dafür bezahlt. Das muss jetzt endlich besser werden“, sagte beispielsweise der CDU-Politiker und gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Peter Liese (siehe Interview).

Nationale Verantwortlichkeit betont.

Zurückhaltender reagierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als Vorsitzender des Rates der EU-Gesundheitsminister (EPSCO). „Die Gesundheitssysteme sind verschieden. Deswegen liegt die Gesundheit zu Recht primär in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Wir sollten immer dort auf EU-Ebene zusammenarbeiten, wo ein echter Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger entstehen kann“, sagte der Bundesgesundheitsminister bereits zu Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft im Interview mit G+G in der Ausgabe 06/2020. Auch in den vom Europäischen Rat Ende Dezember angenommenen „Schlussfolgerungen“ seines EPSCO-Vorsitzes geht es nicht um mögliche neue gesundheitspolitische Kompetenzen der Kommission, sondern vorwiegend um ganz pragmatische Vorschläge für ein besseres Krisenmanagement und eine gemeinsame Abwehr von Gesundheitsgefahren. Wörtlich heißt es in dem Dokument: „Die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten und die europäischen Institutionen müssen unter uneingeschränkter Achtung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten gemeinsam ihre Fähigkeiten ausbauen, um sicherzustellen, dass sie in gesundheitlichen Notlagen wirksam handeln können, und um auf die Verwirklichung der europäischen Autonomie in strategischen Bereichen hinzuarbeiten und gleichzeitig eine offene Wirtschaft zu erhalten.“

Das Kompetenz-Tauziehen zwischen Kommission und Mitgliedstaaten spiegelt sich auch im Organisationsgefüge für das Gesundheitsprogramm „EU4Health“ wider. Eine Lenkungsgruppe mit Vertretern der Mitgliedsländer und der Kommission soll die Einführung des Programms kontrollieren. In den einzelnen Arbeitsprogrammen haben sich die Mitgliedstaaten eine Führungsrolle gesichert.

Porträt von Peter Liese, CDU-Politiker und gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion

„Wir können die Pandemie nur solidarisch bekämpfen“

Im G+G-Interview benennt Dr. Peter Liese, CDU-Politiker und gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion, die Errungenschaften der deutschen Ratspräsidentschaft. Wo er noch Handlungsbedarf sieht. Zum G+G-Interview ...

Dennoch haben sich Spahn, Kyriakides und von der Leyen unter dem Druck der Corona-Krise in den sechs Monaten der deutschen Ratspräsidentschaft auf mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt. Das in den EPSCO-Schlussfolgerungen aufgelistete Maßnahmenpaket, das jetzt unter der Präsidentschaft Portugals weiter umgesetzt werden soll, geht weit über die bisherige EU-Gesundheitspolitik hinaus.

Koordinierung ausgebaut.

Bei der EPSCO-Tagung Anfang Dezember 2020 segneten die EU-Gesundheitsministerinnen und -minister mit Mehrheit die Vorschläge von Kommission und Ratsvorsitz ab, in denen es darum geht, die Kapazitäten und Befugnisse des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) sowie der EU-Arzneimittel-Agentur (EMA) zu erweitern. Das ECDC soll durch mehr Daten aus den Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, Gesundheitsbedrohungen besser zu beobachten und zu be­werten. Die epidemiologische Überwachung soll durch moderne Echtzeit-Überwachungssysteme gewährleistet werden. Damit kommt Spahn seinem Ziel näher, das ECDC zu einem „europäischen Robert-Koch-Institut“ auszubauen.
 
Die EMA wiederum soll mögliche Engpässe bei Arznei­mitteln und Medizinprodukten genauer beobachten. Auch soll sie eine größere Rolle bei der Koordinierung klinischer Studien und bei Studien zur Überwachung der Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen spielen.

Gemeinsame Arzneistrategie im Aufbau.

Unter dem Dach von „EU4Health“ und im Zusammenspiel mit anderen EU-Programmen soll die nach der ersten Corona-Welle geforderte gemeinsame Beschaffung und Bevorratung mit wichtigen Arzneimitteln, Schutzausrüstung und anderen Medizinprodukten umgesetzt werden. Die Förderung der Covid-19-Forschung, das gemeinsame Verhandeln mit den Herstellern von aussichtsreichen Impfstoffen und die gemeinsame Corona-Impfstrategie gelten den Beteiligten als gelungener Auftakt für künftige Krisenreaktionen.

Im Rahmen der langfristigen EU-Pharmastrategie ist außerdem vorgesehen, die Anbieter-Vielfalt zu erhöhen, für mehr Transparenz bei den Lieferketten zu sorgen, die Qualitätssicherung im Bereich der Wirkstoff- und Arzneimittelproduktion zu verbessern und insbesondere im Bereich von Antibiotika die globale Abhängigkeit von einzelnen Unternehmen zu durch­brechen.

Nicht zuletzt gehe es auch darum, der pharmazeutischen Industrie Anreize für die Herstellung und Produktion strategisch wichtiger Medikamente in Europa zu bieten, sagte Lars Nickel vom Bundesgesundheitsministerium bei einer Experten-Diskussion des AOK-Bundesverbandes, die im Rahmen des Begleit­programms zur deutschen Ratspräsidentschaft im November vergangenen Jahres stattfand. In den „Schlussfolgerungen zu den Lehren aus Covid-19 im Gesundheitswesen“ bringe der Europäische Rat seine Besorgnis zum Ausdruck, „dass es einigen Herstellern bei der Herstellung von Arzneimitteln, das heißt Rohstoffen, pharmazeutischen Wirkstoffen, Zwischen- und Endprodukten, in der EU mög­licherweise an Wettbewerbs­fähigkeit mangelt und dass dies teilweise auf die hohen Produktionskosten in der EU zurückzuführen sein könnte“. Die Brüsseler Kommission sei deshalb gefordert, „ihren Regelungsrahmen und ihren globalen Einfluss zu nutzen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für EU-Unternehmen zu schaffen“.

Am 30. Dezember 2020 haben die Spitzen der EU und die britische Regierung den neuen Partnerschaftsvertrag unterschrieben. Er regelt auch die gegenseitigen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche der jeweiligen Staatsangehörigen. EU-Bürger, die bei einem Besuch oder Arbeitsaufenthalt in Großbritannien oder Nordirland erkranken, können dort auch weiter Leistungen des Nationalen Gesundheitsdienstes (NHS) in Anspruch nehmen. Nach Angaben der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) können gesetzlich Krankenversicherte weiterhin die von ihrer Krankenkasse ausgestellte Europäische Krankenversicherungs­karte (EHIC) oder eine provisorische Ersatzbescheinigung verwenden. Britische Staatsbürger benötigen dagegen für die medizinische Versorgung in einem EU-Land neue Ausweise. Wer dagegen gezielt für eine Behandlung nach Großbritannien reist, muss die Kosten selbst tragen. Die gegenseitige Kostenübernahme für geplante Gesundheitsleistungen wurde bereits mit dem am 1. Februar 2020 geschlossenen Übergangsabkommen gestrichen.

Das Abkommen beinhaltet auch Regelungen für Arbeitsunfälle, zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung sowie Vorruhestandsleistungen oder Leistungen im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes. Nicht erfasst werden dagegen Leistungen bei Pflegebedürftigkeit.

  Weitere Informationen der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland über die Neuregelungen

Zugleich fordert der Rat die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, gemeinsam eine Liste kritischer Arzneimittel zu erstellen, zum Beispiel für Antibiotika, Impfstoffe oder Medikamente für Intensivbehandlungen.

Weichen für europäischen Datenaustausch gestellt.

Mit der Weichenstellung zum Aufbau eines gemeinsamen europäischen Gesundheitsdatenraums findet sich Jens Spahns nationales Drängen auf eine stärkere Digitalisierung im Gesundheitswesen auch in den Ratsschlussfolgerungen wieder. „Die derzeitige Pandemie ist ein direkter Beweis dafür, wie Daten den Gesundheits- und Pflegebereich verändern werden. Die rasche Bündelung von Covid-19-Daten und der Zugriff darauf in allen Ländern haben eine entscheidende Rolle beim Verständnis von Übertragung und Infektion, bei der Ermittlung von Zielstrukturen von Arzneimitteln und beim Verständnis der Entwicklung der Krankheit und von Impfstoffen gespielt“, heißt es in dem Dokument.

Das Vorhaben ist aus Sicht des deutschen Gesundheitsministers ein wesentlicher Bestandteil der geplanten Gesundheits­union. „Bis spätestens 2025 wollen wir über eine interoperable Datenzugangsinfrastruktur verfügen, um sichere grenzüberschreitende Analysen von Gesundheitsdaten zu ermöglichen“, kündigte der CDU-Politiker im November vergangenen Jahres bei der virtuellen Konferenz „Digital Health 2020 – EU on the Move“ an. „Bis zum Jahr 2025 sollten Patientinnen und Patienten aus allen europäischen Mitgliedstaaten bei Reisen ins Ausland ihre Daten an Angehörige der Gesundheitsberufe ihrer Wahl weitergeben können“, stellte EU-Gesundheitskommissarin Kyriakides bei der Konferenz in Aussicht. Und der Kommissar für den EU-Binnenmarkt, Thierry Breton, versprach, dass die Brüsseler Kommission 2021 den Rechtsrahmen für die Verwendung sensibler Gesundheitsdaten innerhalb eines europäischen Datenraums setzen werde. Ebenfalls in diesem Jahr sollen in einem Pilotprojekt die Möglichkeiten getestet werden. Finanziert werden sollen die notwendigen Investitionen über das Budget „EU4Health“, das Forschungsprogramm „Horizon Europe“, das EU-Programm „Digitales Europa“ sowie über drei weitere EU-Fonds.

„Jens Spahn hat sich auf EU-Ebene als Krisenmanager bewährt und im EPSCO-Rat einiges auf die gesundheitspolitische Schiene gesetzt“, bilanziert der Vertreter der AOK in Brüssel, Evert Jan van Lente. Insgesamt habe die deutsche Ratspräsidentschaft die kritische Phase der EU gut gemeistert. „Jetzt kommt es aber darauf an, die Ideen und Vorschläge für eine Gesundheitsunion und das Bekenntnis der Mitgliedstaaten zu solidarischem Handeln auch in die Zeit nach dem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie hinüber zu retten“, betont der Europa­experte.

Gemeinsame Technologiebewertung in der Warteschleife.

Einen Vorschlag für die Probe aufs Exempel hat van Lente bereits parat: die gemeinsame Bewertung von Gesundheitstechnolo­gien (Health-Technology-Assessment, HTA) auf EU-Ebene. „Eine gemeinsame Position des Rates zu dem bereits Anfang 2018 vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission ist auch unter der deutschen Ratspräsidentschaft nicht zustande gekommen.“ Bleibt zu hoffen, dass Portugal die HTA-Kuh in den nächsten Monaten vom Eis holt.

Thomas Rottschäfer ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Gesundheitspolitik.
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