„Patientensicherheit ist kein Add-on“
Auf Michael Surkitt-Parrs Agenda steht die Patientensicherheit seit Jahrzehnten ganz oben. Der frühere Chef der Patient Safety bei NHS Improvement begutachtet bis heute in einem Spezialistenteam jeden Monat hunderte schwerer Zwischenfälle. Welche Erfahrungen er dabei gemacht hat.
„Als ich in den 1990er-Jahren in einem großen Akutkrankenhaus
mit meiner Arbeit in Sachen Risikomanagement und Patientensicherheit begann, steckte das Berichten von Behandlungszwischenfällen noch in der Anfangsphase. Es wurde nur sehr lokal begrenzt genutzt. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen waren im Allgemeinen nicht daran gewöhnt, Dinge zu melden, die vorfielen und die sich negativ auf die Patientensicherheit auswirkten. Es war viel Arbeit nötig, um das System so einfach zu gestalten, dass es den Mitarbeitern leicht gemacht wurde, Zwischenfälle zu melden. Noch wichtiger war es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der alle sich sicher genug fühlten und ohne Unbehagen Zwischenfälle meldeten.
Nach einer Weile ließen sich Schadensmuster in den Teams erkennen, so dass Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden konnten. Allerdings dauerte es bis zur Etablierung der National Patient Safety Agency (NPSA), um schließlich auf nationalem Niveau Erlerntes zu teilen.
Ab dem Jahr 2005 waren alle Organisationen des Gesundheitswesens des National Health Service (NHS) an das National Reporting and Learning System (NRLS) angeschlossen. Dieses System hatte die NPSA entwickelt und betrieb es: Nach der Mitteilung lokaler Ereignisse konnte nun ein Schadensbild für das ganze Land erstellt werden. 2013 wurde die NPSA zwar abgeschafft, das System für die Patientensicherheit wurde aber auf andere Organisationen übertragen – heute liegt es bei NHS England/Improvement.
Man muss sich immer vor Augen halten, was der Zweck von Patientensicherheit ist. Es geht dabei nicht darum, Berichte abzuliefern, weil das System viele Berichte will. Es geht darum, Dinge zu melden, die schief gelaufen sind und woanders schief laufen könnten – im Hinblick darauf, Präventionsmaßnahmen zu identifizieren, die ergriffen werden könnten, sei es auf lokaler oder nationaler Ebene. Es ist weiterhin nötig, das Personal dabei zu unterstützen, wie es meldet, was es meldet und warum es meldet. Ich möchte schließlich betonen, dass es die Idee der Patientensicherheit kein Add-On zur täglichen Arbeit ist, sondern ein integraler Bestandteil dessen, was wir alle tun, die wir direkten oder indirekten Kontakt zu Patienten haben.“