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Altenbetreuung
Leben mit Hilfen aus Osteuropa
Sie beugen sich in Deutschland zu Tausenden über die Betten, spülen Tassen und schrubben Toiletten, ohne dass auch nur ein konsentierter Name für sie existiert: Frauen aus Osteuropa, zumeist aus Polen, arbeiten zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen in Haushalten und versorgen dort alte Menschen. Ihre Zahl und Qualifikation ist unklar, für die Versorgungsform gibt es keine geregelte Finanzierung und keine Kontrolle. Die drei legal möglichen Beschäftigungsverhältnisse funktionieren alle nicht gut: Wird „die Polin“ über eine Agentur geordert, ist diese weisungsberechtigt, nicht der Pflegebedürftige. Ist der Pflegebedürftige Arbeitgeber, wird es meist zu teuer. Und als Selbstständige kann die Kraft den Job eigentlich gar nicht machen, weil sie sich arbeitstechnisch nicht in vollständige Abhängigkeit von ihrem Auftraggeber begeben und etwa dort wohnen darf. Diese und andere Fallstricke zeigen die Autorinnen und Autoren in ihrem Buch auf. Es beleuchtet den grauen Pflegemarkt aus rechtlicher, pflegerischer, organisatorischer sowie ethischer Perspektive und wendet sich an eine breite Öffentlichkeit. In Fachkreisen ist der Handlungsbedarf längst identifiziert. Was nach Ansicht der Autoren noch fehlt, ist öffentliches Bewusstsein und daraus entstehender politischer Druck.
Barbara Städtler-Mach, Helene Ignatzi (Hrsg.): Grauer Markt Pflege. 2020. 190 Seiten. 23 Euro. Vandenhoeck & Ruprecht Verlage, Göttingen.
Nachschlagewerk
Fachbegriffe präzise erklärt
Das sich schnell verändernde Gesundheitssystem in Deutschland macht eine kontinuierliche Aktualisierung eines Nachschlagewerkes für Fachbegriffe aus dem Sozial- und Gesundheitswesen notwendig. Für die nunmehr sechste Auflage 2020 des „Lexikon des deutschen Gesundheitssystems“ haben Herausgeber und Autoren Zahlen aktualisiert, zahlreiche neue Stichworte hinzugefügt und Erläuterungen den gesetzgeberischen Veränderungen angepasst. So enthält das Werk bereits das Digitale-Versorgung-Gesetz und die Änderungen, die sich Ende vergangenen Jahres aus den Gesetzgebungsverfahren zur Reform des Medizinischen Dienstes ergeben haben. Trotz der mehr als 1.100 Stichworte mit umfassenden und präzisen Erläuterungen bleibt das Werk für die Nutzerinnen und Nutzer übersichtlich und verständlich. Dafür sorgen nicht nur Abbildungen, Formeln und
Tabellen, sondern auch die gut lesbare Schriftgröße, zahlreiche Absätze und Aufzählungen. Zitate sind durch eingerückte Absätze und Kursivschrift leicht erkennbar. Systematische Querverweise auf ergänzende Begriffe und Schlagworte sowie Fußnoten geben die Möglichkeit, Sachverhalte zu vertiefen. Es ist sowohl für Fachleute als auch für Lehrende und Lernende in den Gesundheitsberufen ein hilfreiches Nachschlagewerk.
Uwe K. Preusker (Hrsg.): Lexikon des deutschen Gesundheitssystems. 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 2020. 645 Seiten. 118,99 Euro. Verlag medhochzwei, Heidelberg.
Medizingeschichte
Von vergangenen Seuchen lernen
Die Corona-Krise wird mitunter als größte Bewährungsprobe gesehen. Doch Seuchen sind ein ständiger Begleiter der Menschheit. Heiner Fangerau und Alfons Labisch werfen einen Blick zurück und stellen Seuchen vor, die hierzulande deutliche Spuren hinterlassen haben. So wütete im Mittelalter die Pest, auch Schwarzer Tod genannt, Lepra und Syphilis in der frühen Neuzeit, die Pocken im 18. Jahrhundert und schließlich Cholera, Typhus und Tuberkulose im 19. und 20. Jahrhundert. Schon damals wurde zur Bekämpfung auf Isolation, Hygiene und schließlich auf Impfung gesetzt. Aufschlussreich zeigen die Historiker, dass
das enge Zusammenleben der Menschen, Reisen, Handel, Krieg und Migration Epidemien erst ermöglichten. Heute schaffen wir durch unsere Kultur des Austauschs und unsere Art des sozialen Lebens die Wege, auf denen sich Krankheiten rasch ausbreiten können. Doch zurück in die Isolation und autochthone Wirtschaft zu gehen, sei keine Lösung. Wenn wir unsere Lebensart bewahren wollen, gelte es vielmehr, Krankheitsbedrohungen im Keim zu ersticken und Pandemien unter größtmöglicher Aufrechterhaltung der Freizügigkeit aufzuhalten. Mit ihrem Rückblick geben die Autoren Denkvorschläge für den Umgang mit künftigen Pandemien.
Heiner Fangerau, Alfons Labisch: Pest und Corona. 2020. 192 Seiten. 18 Euro. Verlag Herder, Freiburg.
Ratgeber
Das Älterwerden positiv gestalten
Altern ist mehr als körperlicher Abbau. Zwar lassen Reaktionsgeschwindigkeit und körperliche Leistungsfähigkeit nach, die Defizite werden aber durch soziale und fachliche Fähigkeiten ausgeglichen. Ältere Menschen verfügen im Vergleich zu jüngeren über reichlich Erfahrungswissen in vielen Lebenslagen, gelten als belastbarer und als gelassener. Erfahrenes Leid, Verletzlichkeit und Verlust befähigen sie, Krisen und Grenzsituationen gut zu meistern. Die Diplom-Gerontologin Sabine Schröder-Kunz ruft in ihrem Ratgeber dazu auf, dieses wertvolle Potenzial schon frühzeitig zu nutzen, um die zweite Lebenshälfte gut und erfüllt zu gestalten. Dabei liefert sie keine fertigen Glücksrezepte. Vielmehr gibt sie mit Denkanstößen, Übungen und Tipps jedem einzelnen die Möglichkeit, eigene selbst- und mitverantwortliche Lösungen zu finden. Da arbeitende Menschen gefordert sind, auch in den letzten beruflichen Jahren kompetent und motiviert zu bleiben, widmet sie einen Großteil ihres Buches dem guten Arbeiten bis zum Ruhestand. Wie lassen sich Arbeitszufriedenheit und -freude bis zuletzt erhalten? Hierzu gibt die Autorin Hilfestellung für eigenes Handeln.
Sabine Schröder-Kunz: Gutes Leben und Arbeiten in der zweiten Lebenshälfte. 2019. 289 Seiten. 24,99 Euro. Verlag Springer Fachmedien, Wiesbaden.