Neues aus der Uni

„Die Rollen von Politik und Wissenschaft 
müssen klar getrennt bleiben“

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Thomas Gutmann, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Rechtsphilosophie und Medizinrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Herr Professor Gutmann, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Thomas Gutmann: Im Medizinrecht geht es immer um die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen. Zurzeit stehen drei Themen im Vordergrund: Ein Projekt beschäftigt sich mit rechtspraktischen Fragen der Sterbehilfe, ein weiteres mit dem rechtlichen Rahmen der Behandlung von Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie. Das dritte ist aus einem Kommentar zum Recht des Behandlungsvertrags entstanden und untersucht, wo das Patientenrechtegesetz, das 2023 zehn Jahre alt wird, nachgebessert werden sollte.

Porträt von Prof. Dr. Thomas Gutmann, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Rechtsphilosophie und Medizinrecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Zur Person

Prof. Dr. Thomas Gutmann studierte Politikwissenschaft, Philosophie und Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität München und habilitierte sich dort 2005 im Fach Philosophie und 2006 in der Rechtswissenschaft. Im selben Jahr wurde er auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Rechtsphilosophie und Medizinrecht an der Universität Münster berufen. Er war und ist dort an mehreren Großprojekten (Kolleg-Forschergruppen, Exzellenzcluster und Sonderforschungsbereichen) beteiligt.

Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Gutmann: Die Forschung am Lehrstuhl ist interdisziplinär; die Kooperationen mit der Medizin, aber auch mit der Philosophie und den Sozialwissenschaften sind sehr eng. Das betrifft auch die Lehre. In unserem berufsbegleitenden juristischen Studiengang „Medizinrecht“ sind die Hälfte der Teilnehmenden keine Juristinnen oder Juristen, sondern bringen Erfahrungen aus allen Bereichen des Medizinsystems ein.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Gutmann: Wir können uns keine Politik mehr leisten, die nicht auf die Wissenschaft hört. Was wir allerdings nicht brauchen, sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die als Politiker agieren statt wissenschaftliche Expertise zu bieten, und eine Politik, die nur auf Wissenschaftler (oder Quasi-Wissenschaftler) hört, die ihr nach dem Mund reden. Die Rollen von Politik und Wissenschaft müssen klar getrennt bleiben.

Silke Heller-Jung führte das Interview. Sie hat in Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro für Gesundheitsthemen.
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