Laute Geräusche, mangelhafte Kommunikation, Zugangshürden, fehlende Empathie – die Liste negativer Erfahrungen auf Intensivstationen lässt sich fortsetzen. Wo Medizin und Pflege Leben retten, besteht durch belastende Rahmenbedingungen ein hohes Risiko für Traumatisierung. Brigitte Teigeler und Sabine Walter wollen das ändern. Die Krankenschwestern lassen im ersten Abschnitt ihres Buches Patienten sowie deren Eltern, Kinder oder Freunde erzählen. Die Berichte sind erstaunlich sachlich und gerade deshalb erschreckend. Warum müssen Angehörige auf der Intensivstation das Gefühl haben zu stören? Warum müssen Patienten auf nackte Wände starren? Dass es anders geht, zeigen Berichte über Pflegekräfte, die Angehörige trösten, über Ärzte, die Patientenwünsche erfüllen und Beispiele für systematische Verbesserungen aus dem In- und Ausland. So verleiht der Pflege e. V. das Zertifikat „Angehörigenfreundliche Intensivstation“, mit dem sich zum Beispiel die Interdisziplinäre Intensivstation Hattingen schmücken darf. Angehörige werden dort „proaktiv gebeten, häufig vorbeizukommen“. Auf vielen Intensivstationen in Norwegen werden „Intensivtagebücher“ für die Patienten geführt, damit diese später ihre Erinnerungslücken füllen können und so die Chance haben, Belastungen zu verarbeiten. Wertvolle Impulse, denen eine weite Verbreitung zu wünschen ist. (Änne Töpfer)
Brigitte Teigeler, Sabine Walther: Auf der Intensivstation. 2022. 248 Seiten. 29,95 Euro. Verlag Hogrefe, Bern.