Neues aus der Uni

„Kooperation über Fächergrenzen hinweg“

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Tobias Raupach, Direktor des Instituts für Medizindidaktik am Universitätsklinikum Bonn.

Herr Professor Raupach, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Tobias Raupach: Mich beschäftigen drei Fragen besonders: Wie können aktuelle lernpsychologische Erkenntnisse auf das Studium der Medizin, Zahnmedizin und verwandter Fächer übertragen werden? Inwiefern lässt sich der Lernprozess der Studierenden – auch mit Unterstützung durch digitale Anwendungen – individualisieren und dadurch möglicherweise auch effektiver gestalten? Und schließlich: Wie können wir das im Moment hauptsächlich durch kurzfristiges Lernen auf Prüfungen charakterisierte Studium der Medizin so verändern, dass die Studierenden zum lebenslangen Lernen befähigt werden?

Porträt von Tobias Raupach, Direktor des Instituts für Medizindidaktik am Universitätsklinikum Bonn

Zur Person

Prof. Dr. med. Tobias Raupach ist Direktor des neu gegründeten Instituts für Medizindidaktik am Universitätsklinikum Bonn. Er ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie und erwarb an der Universität Heidelberg einen Master of Medical Education. Seit acht Jahren ist Raupach als Research Associate am University College London tätig. Im Jahr 2012 erhielt er den Ars legendi Fakultätenpreis für Medizin. Vor seinem Wechsel nach Bonn leitete Raupach von 2015 bis 2020 den Bereich Medizindidaktik und Ausbildungsforschung der Universitätsmedizin Göttingen.

Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Raupach: Die Medizindidaktik befindet sich naturgemäß an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Bereichen. So muss im Zuge der Umsetzung der neuen Approbationsordnung im Curriculum eine engere Verzahnung der Grundlagenwissenschaften mit der klinischen Medizin hergestellt werden. In methodischer Hinsicht habe ich persönlich sehr gute Erfahrungen mit der Kooperation über Fächergrenzen hinweg gemacht – beispielsweise mit der Psychologie. Entsprechend wird auch das Team am Institut für Medizindidaktik interdisziplinär zusammengesetzt sein. Schon jetzt beteiligen wir uns an der Entwicklung interprofessioneller und fächerübergreifender Projekte.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Raupach: Welcher Wissenschaftler würde das verneinen? Ich würde hier eher zurückfragen, wer mit „die Politik“ konkret gemeint ist, und ob „auf die Wissenschaft hören“ als rein passive Haltung zu verstehen ist. Ich würde mich freuen, wenn fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse bei Politikerinnen und Politikern einerseits auf interessierte Ohren stoßen, zugleich aber auch kritisch hinterfragt würden. Insbesondere sollte die Veränderung von Paradigmen im Laufe der Zeit nicht als Zeichen für Beliebigkeit, sondern als wesentliche Stärke der Wissenschaft betrachtet werden: Wissen und Konzepte entwickeln sich weiter; auch das sollte im Diskurs anerkannt werden.

Silke Heller-Jung führte das Interview. Sie hat in Frechen bei Köln ein Redaktionsbüro für Gesundheitsthemen.
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