Analyse

Stille Helden bei der Pflege daheim

Sie sind der größte Pflegedienst der Republik: Angehörige, Freunde, Nachbarn. Doch wer von ihnen pflegt wen? Welche Altersgruppen leisten diese Hilfe und wo – im eigenen Haushalt oder andernorts? Antworten von Dr. Ulrike Ehrlich und Dr. Nadiya Kelle

Plötzlich hat das Kind nach einem Fahrradunfall mit vielfältigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu kämpfen. Aus dem Nichts wird eine Krebserkrankung beim Partner diagnostiziert. Die demente Schwiegermutter braucht immer häufiger Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags. Der Gesundheitszustand des an Multiple Sklerose erkrankten Bruders hat sich nach einem Schub drastisch verschlechtert. Diese Beispiele zeigen: Pflegebedarfe können in jeder Lebensphase auftreten und sind selten vorhersehbar.

Tatsächlich ist der Pflegebedarf in Deutschland hoch und wird zu großen Teilen durch Familienangehörige oder nahestehende Personen gedeckt. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes lag im Jahr 2019 die Zahl der pflegebedürftigen Menschen bei 4,1 Millionen. 3,3 Millionen Pflegebedürftige erhielten Pflege und Unterstützung zu Hause, davon 2,3 Millionen überwiegend durch Angehörige. Weitere 0,98 Millionen Pflegebedürftige lebten ebenfalls in Privathaushalten und wurden zusammen mit oder vollständig durch ambulante ­Pflege- und Betreuungsdienste versorgt. Ein Fünftel der Pflege­bedürftigen (20 Prozent beziehungsweise 0,82 Millionen) lebten in Pflegeheimen. Doch Schätzungen zufolge benötigen weitere 5,4 Millionen Menschen regelmäßig Hilfe, Unterstützung oder Pflege, beziehen aber keine Leistungen der Pflegeversicherung. Sie wohnen fast ausschließlich in der eigenen häuslichen Umgebung und werden von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn unterstützt. Es wird deutlich: Pflegende Angehörige sind das Fundament des deutschen Pflegesystems und elementar für die Aufrechterhaltung von Gesundheit, Wohlbefinden und Lebensqualität der hilfe- oder pflegebedürftigen Menschen.

Unterschiede zwischen den Altersgruppen.

Aber in welcher Lebensphase übernehmen Angehörige Pflegetätigkeiten? Wo tun sie das und wie intensiv pflegen sie? Daten aus der Innovationsstichprobe des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP-IS) geben Antworten. Es zeigt sich, dass Pflege in jedem Lebensalter übernommen wird und dass die Ausgestaltung der Pflege über den Lebensverlauf hinweg variiert.

Grafik: Welche Altersgruppen pflegen

Fast ein Viertel der Befragten ab 17 Jahren (24 Prozent) kennt jemanden, der Hilfe oder Pflege benötigt. Aber nur rund neun Prozent helfen oder pflegen auch tatsächlich. Der Anteil derjenigen, die eine hilfe- oder pflegebedürftige Person kennen und diese unterstützen, ist in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen am höchsten.

Quelle: SOEP-IS 2016, gewichtete Ergebnisse, eigene Berechnungen

Bei den Analysen sind all jene berücksichtigt, die angegeben haben, einen hilfe- oder pflegebedürftigen Menschen zu kennen beziehungsweise zu pflegen. Berücksichtigt sind Pflegende, die sowohl Pflege­bedürftige betreuen, die Leistungen der Pflegeversicherung beziehen (64 Prozent) als auch Pflegebedürftige ohne Leistungsbezug aus der Pflegeversicherung (36 Prozent). Die Analyse ergab, dass rund 17 Millionen Menschen, also 24 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ab 17 Jahre, mindestens einen hilfe- oder pflegebedürftigen Menschen kennen. Zugleich übernehmen nur neun Prozent aller Menschen in Deutschland ab 17 Jahren die Pflege (siehe Grafik „Welche Altersgruppen ­pflegen“). Bei den Frauen sind es zehn Prozent und bei den Männern sieben Prozent.

Mehr Ältere als Junge übernehmen Pflege.

Die Anteile derjenigen, die mindestens einen hilfe- oder pflegebedürftigen Menschen kennen beziehungsweise pflegen, variieren je nachdem, in welcher Lebensphase sie sich befinden: 17- bis 39-Jährige haben mit 19 Prozent am seltensten eine oder mehrere Pflegebedürftige in ihrem Verwandten- oder Bekanntenkreis. Aber nur rund vier Prozent der 17- bis 39-Jährigen übernehmen auch tatsächlich Pflegeaufgaben für die hilfe- oder pflegebedürftigen Menschen. Für die Altersgruppe der 40- bis 54-Jährigen zeigen sich etwas höhere Anteile: 25 Prozent kennen mindestens eine hilfe- oder pflegebedürftige Person. Aber nur zehn Prozent pflegen tatsächlich. Unter den 55- bis 64-Jährigen kennen 29 Prozent mindestens einen Menschen, der regelmäßig Hilfe oder Pflege benötigt. 13 Prozent helfen und pflegen. Für die Altergruppe 65 plus sind die Anteile mit 28 Prozent und elf Prozent etwas geringer.

Adressaten der Pflege ändern sich im Verlauf des Lebens.

Der Anteil derjenigen, die eine hilfe- oder pflegebedürftige Person kennen und diese unterstützen, ist in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen am höchsten. Insgesamt betrachtet pflegt fast die Hälfte aller Pflegenden (49 Prozent) die eigenen Eltern oder Schwiegereltern. Die andere Hälfte verteilt sich auf die Pflege von anderen Verwandten oder Bekannten (22 Prozent), Lebens­partnerinnen oder -partnern (18 Prozent) sowie von (erwachsenen) Kindern (elf Prozent; siehe Grafik „Wer die Hilfe erhält“). Die Pflege einer Partnerin oder eines Partners übernehmen Männer häufiger (21 Prozent) als Frauen (16 Prozent). Im Unterschied dazu liegt der Anteil der Frauen, die Bekannte oder Verwandte pflegen mit 25 Prozent über dem der Männer (19 Prozent).

Die Hilfe erfolgt meist im häuslichen Umfeld – aber auch in Pflegeeinrichtungen.

Über den Lebensverlauf hinweg lässt sich beobachten, dass einige personenspezifische Pflegebedarfe je nach Lebensphase wahrscheinlicher sind als andere. Von den 17- bis 39-Jährigen übernehmen 45 Prozent hauptsächlich Hilfe- oder Pflegetätigkeiten für ihre Eltern oder Schwiegereltern und 48 Prozent für andere Verwandte oder Bekannte. In dieser Altersgruppe spielt die Pflege einer Partnerin oder eines Partners sowie eines Kindes nur eine geringe Rolle. Das ändert sich in der Altersgruppe der 40- bis 54-Jährigen. Hier gewinnt die Pflege von Kindern mit 23 Prozent deutlich an Bedeutung, während die Pflege von anderen Verwandten oder Bekannten (19 Prozent) klar an Bedeutung verliert. Anteilig am häufigsten leisten die 40- bis 54-Jährigen Unterstützung oder Pflege für die Eltern oder Schwiegereltern (56 Prozent). Das Verhältnis ändert sich wiederum in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen: Drei Viertel von ihnen (74 Prozent) unterstützen und pflegen ihre Eltern oder Schwiegereltern. 19 Prozent sorgen für andere Verwandte und Bekannte. In der Gruppe der 65-Jährigen und Älteren dominiert die Partnerpflege: Fast die Hälfte pflegt die Partnerin oder den Partner – das sind anteilig betrachtet so viele wie in keiner anderen Altersgruppe. In dieser Lebensphase ist ein Viertel der Befragten aber auch in die Pflege der Eltern und  Schwiegereltern involviert.

Pflege oftmals nicht im eigenen Haushalt.

Die Adressaten der Pflege ändern sich also je nach Lebensphase. Ähnlich verhält es sich mit dem Ort, an dem die Pflege und Unterstützung geleistet wird. Insgesamt zeigt sich, dass mehr als die Hälfte der Pflegenden Menschen in einem anderen privaten Haushalt unterstützt, über 30 Prozent im eigenen Haushalt und über zehn Prozent in einer institutionellen Einrichtung (siehe Grafik „Wo die Pflege erfolgt“). Auch hier gibt es geschlechts­spezifische Unterschiede: So ist der Anteil der Männer, die im eigenen Haushalt pflegen, etwas höher als der der Frauen (Verhältnis 34 zu 30 Prozent). Auch die Unterstützung von einer hilfe- oder pflegebedürftigen Person, die in einer Wohneinrichtung, einer Altersresidenz oder in einem Pflegeheim lebt, wird häufiger von Männern (16 Prozent) als von Frauen (zehn Prozent) angegeben. Hilfe- oder Pflegetätigkeiten für Personen, die in einem anderen Privathaushalt leben, werden jedoch häufiger von Frauen (60 Prozent) als von Männern (50 Prozent) getätigt.

Grafik: Wer die Hilfe erhält

Wer wen pflegt, unterscheidet sich je nach Altersgruppe: Im jüngeren und mittleren Erwachsenenalter sind es vor allem die Eltern oder Schwiegereltern. Bei den 65-Jährigen und Älteren sind es dagegen häufiger die Partnerin oder der Partner (46 Prozent). Bei den 17- bis 39-Jährigen spielt aber auch die Pflege von anderen Verwandten und Bekannten eine große Rolle (48 Prozent).

Quelle: SOEP-IS 2016, gewichtete Ergebnisse, eigene Berechnungen

Zudem zeigt die Auswertung, an welchen Pflegeorten Unter­stützung je nach Lebensphase geleistet wird. Im Alter zwischen 17 und 39 Jahren erfolgt Pflege mit 70 Prozent überwiegend in einem anderen Haushalt als dem eigenen. Dass mehrheitlich nicht in einem anderen Privathaushalt gepflegt wird, ändert sich erst in der Altersgruppe 65 plus: 65-Jährige und Ältere pflegen mit 48 Prozent anteilig am häufigsten im eigenen Haushalt und mit 40 Prozent anteilig am zweithäufigsten in einem anderen Haushalt. Auch die Hilfe oder Pflege für eine Person, die in einer institutionellen Einrichtung lebt, ist in allen Altersgruppen präsent. Am häufigsten tritt diese Unterstützungsform mit 22 Prozent jedoch in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen auf.

Diese Ergebnisse lassen sich vor dem Hintergrund der jeweiligen Pflege-Adressaten im Lebensverlauf beleuchten. Im Alter von 17 bis 39 Jahren werden häufig Eltern, Schwiegereltern und andere Verwandte und Bekannte gepflegt, die oft in einem anderen Privathaushalt leben. Die 40- bis 54-Jährigen und die 55- bis 64-Jährigen pflegen besonders häufig ihre Eltern und Schwiegereltern, die (noch) in vielen Fällen im eigenen Haushalt leben. Allerdings pflegt ein Drittel der 40- bis 54-Jährigen bei sich zu Hause; vermutlich pflegen sie dort vor allem ihre (erwachsenen) Kinder oder bereits ihre Eltern oder Schwiegereltern, die vermehrt gesundheitliche Beeinträchtigungen haben.

Grafik: Wo die Pflege erfolgt

In sämtlichen Altersgruppen der Befragten pflegen die meisten am häufigsten Menschen, die kein Haushaltsmitglied sind, sondern noch in ihrer eigenen Wohnung leben. Ausnahme: Fast die Hälfte der Pflegenden der Altersgruppe ab 65 Jahren (48 Prozent) unterstützen ein Haushaltsmitglied.

Quelle: SOEP-IS 2016, gewichtete Ergebnisse, eigene Berechnungen

Bei den Pflegenden im Alter zwischen 55 und 64 Jahren gewinnt die Unterbringung von Hilfe- oder Pflegebedürftigen in einer betreuten Wohneinrichtung, einer Altersresidenz oder einem Pflegeheim an Bedeutung: Mehr als jede/r Fünfte in dieser Altersgruppe unterstützt oder pflegt im Rahmen einer institutionellen Einrichtung. Diese hohe Quote ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Pflegebedarfe der Eltern und Schwiegereltern in dieser Altersgruppe besonders hoch sind und infolgedessen eine Heimunterbringung erforderlich ist. Möglich ist aber auch – da etwa nur ein Drittel aller erwachsenen Kinder in der Nähe ihrer Eltern lebt –, dass eine Unterbringung der Eltern oder Schwiegereltern in einer Pflegeeinrichtung auch dann notwendig sein kann, wenn die Pflegebedarfe noch überschaubar sind. Die 65-Jährigen und Älteren pflegen und unterstützen anteilig häufiger als andere Altersgruppen ihre Partnerinnen oder Partner. Das erklärt den hohen Anteil haushalts­interner Pflege für diese Altersgruppe.

Ältere investieren die meiste Zeit in die Pflege.

Im Gesamtdurchschnitt wenden Pflegende täglich 2,6 Stunden auf (siehe Grafik „Wer wie viel Zeit aufwendet“). Dabei ist die Pflegezeit der Frauen mit durchschnittlich 2,8 Stunden pro Tag höher als bei den Männern (2,2 Stunden täglich).
 
Zugleich gibt es altersspezifische Unterschiede: In der Altersgruppe der 17- bis 39-Jährigen beläuft sich der durchschnittliche Pflegeaufwand an einem Tag auf 1,8 Stunden und ist damit im Vergleich zu den anderen Altersgruppen am geringsten. Die 40- bis 54-Jährigen pflegen durchschnittlich 2,8 Stunden und die 55- bis 64-Jährigen zwei Stunden am Tag. Den höchsten Pflegeaufwand leistet die Altersgruppe 65 plus mit durchschnittlich 3,2 Stunden am Tag.

Ohne die Hilfe von Angehörigen, Freunden oder Bekannten bricht das Pflegesystem zusammen.

Die Unterschiede zwischen den Altersgruppen beim täglichen Zeitaufwand für die Pflege können vielerlei Gründe haben. Zum einen können sie damit zusammenhängen, für wen in einer Altersphase typischerweise Pflegeleistungen erbracht werden. So leisten Eltern, die ihre eigenen (erwachsenen) Kinder pflegen, mit durchschnittlich fünf Pflegestunden am Tag den höchsten Zeitaufwand aller Pflegepersonen. (Erwachsene) Kinder werden am häufigsten in der Altersphase von 40 bis 54 Jahren gepflegt. Möglicherweise ist deshalb auch ein vergleichsweise hoher täglicher Zeitaufwand für die Pflege in dieser Altersgruppe zu beo­bachten. Mit durchschnittlich vier Stunden am Tag ist die Pflege von Lebenspartnerinnen und -partnern ebenfalls zeit­intensiv. Diese werden am häufigsten in der Altersphase 65 plus gepflegt. Dies könnte mit der hohen Zeitintensität der Pflege in dieser Altersphase zusammenhängen. Der im Durchschnitt geringste Zeitaufwand mit unter zwei Stunden am Tag wird für Eltern und Schwiegereltern und für andere Verwandte oder Bekannte geleistet. Dabei handelt es sich um Personengruppen, die häufig in den Altersphasen 17 bis 39 und 55 bis 64 Jahren gepflegt werden. Das könnte den geringeren Zeitaufwand erklären. Möglich ist aber auch, dass die Unterschiede im zeitlichen Pflegeaufwand zwischen den Altersgruppen andere Ursachen haben. Zum Beispiel kann der hohe Pflegeaufwand bei der Altersgruppe 65 plus auch damit zusammenhängen, dass Pflegende dieses Alters bereits mehrheitlich verrentet sind und somit mehr Zeit für Hilfe- oder Pflegetätigkeiten aufbringen können.

Der vergleichsweise niedrige Pflegeaufwand in der Alters­gruppe der 17- bis 39-Jährigen kann auch daher resultieren, dass in dieser Lebensphase zusätzlich zur Pflege die eigenen (gesunden) Kinder betreut werden und/oder die berufliche Etablierung stattfindet und die zeitlichen Kapazitäten für Hilfe- oder Pflege­tätigkeiten somit knapp sind. Denkbar wäre aber auch, dass Pflegende in manchen Lebensphasen auf ein größeres Unterstützungsnetzwerk zurückgreifen können und die Pflege­aufgaben somit über den Lebensverlauf hinweg unterschiedlich stark auf mehreren Schultern verteilt werden können.

Grafik: Wer wie viel Zeit aufwendet

Der Zeitaufwand für Hilfe und Pflege ist mit etwas über drei Stunden täglich am höchsten bei Pflegenden ab 65 Jahren, gefolgt von der Altersgruppe der 40- bis 54-Jährigen (2,8 Stunden).

Quelle: SOEP-IS 2016, gewichtete Ergebnisse, eigene Berechnungen

Die hier dargestellten Ergebnisse zu der Pflegepersonen­quote, den Pflegeadressaten, dem Pflegeort und der Pflegebelastung weichen teilweise von anderen Untersuchungen ab. So berichtet zum Beispiel eine Studie im aktuellen Pflege-Report 2020, dass eine Hauptpflegeperson im Durchschnitt täglich sechs Stunden unterstützt und pflegt (siehe Lese- und Webtipps). Die in dieser Studie ermittelte höhere Pflegebelastung ist darauf zurückzuführen, dass der Kreis der Pflegepersonen enger gefasst ist: Während dort Hauptpflegepersonen von Pflegebedürftigen untersucht wurden, die Leistungen der gesetzlichen Pflege­versicherung beziehen, untersuchten wir Pflegepersonen un­abhängig davon, ob sie die Hauptpflegeperson sind und ob die von ihnen Gepflegten Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen. Somit untersuchen wir auch Pflegepersonen, die Hilfe- oder Pflegebedürftige unterstützen, deren Versorgung durch eine Hauptpflegeperson eventuell bereits abgedeckt ist oder deren Pflegebedarfe noch verhältnismäßig gering sind.

Mehr Hilfe für die familiäre Pflege.

Insgesamt machen die Ergebnisse deutlich: Pflege geht uns alle an. Es gibt jene, die bereits gepflegt haben, jene, die gerade pflegen und jene, die noch pflegen werden. Es ist nicht vorhersehbar, wann jemand Hilfe benötigt, wer sie braucht, wo Pflege geleistet wird und wie intensiv. Fakt ist: Es sind überwiegend Familienmitglieder, allen voran die Frauen, die die benötigte Unterstützung und Pflege leisten und künftig auch leisten werden – manchmal mit und sehr oft ohne informelle und formelle Unterstützung. Und die Corona-Pandemie rückt endlich die Arbeit der pflegenden Angehörigen mehr in den Fokus. Zudem verstärkt die Corona-Krise die Belastungen der pflegenden Angehörigen. Nach einer aktuellen Studie auf Basis des Deutschen Alterssurvey weisen mehr Menschen mit Unterstützungs- und/oder Pflegeaufgaben während der Corona-Krise depressive Symptome auf als vor der Pandemie. Darüber hinaus wünscht sich ein Viertel der Unterstützungs- und Pflegeleistenden mehr informelle oder profes­sionelle Hilfe bei der Bewältigung des Pflegealltags (Klaus, Ehrlich 2021, siehe Lese- und Webtipps).

  • Daniela Klaus, Ulrike Ehrlich (2021): Corona-Krise = Krise der Angehörigen-Pflege? Zur veränderten Situation und den Gesundheitsrisiken der informell Unterstützungs- und Pflegeleistenden in Zeiten der Pandemie, DZA Aktuell 1/2021, Seite 1–24. Download
  • Miriam Räker, Antje Schwinger, Jürgen Klauber (2020): Was leisten ambulante Pflegehaushalte? Eine Befragung zu Eigenleistungen und finanziellen Aufwänden. In: Klaus Jacobs, Adelheid Kuhlmey, Stefan Greß, Jürgen Klauber, Antje Schwinger (Hrsg.): Pflege-Report 2020. Springer, Berlin/Heidelberg. Download

Zu hoffen ist, dass die Situation pflegender Angehöriger nachhaltig verbessert wird. Dass Menschen ihre Lieben und Nächsten im Fall der Pflegebedürftigkeit unterstützen, wird in der Politik als nahezu selbstverständlich betrachtet. Doch was ist, wenn sie nicht mehr können? Das Pflegesystem in Deutschland würde zusammenbrechen.

Ulrike Ehrlich ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA).
Nadiya Kelle ist ebenfalls als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) tätig.
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