Mehr Sprechzeit, mehr Geld?
Union und SPD wollen die Sprechzeiten für Patienten von bislang 20 auf 25 Stunden in der Woche ausweiten. Bedeutet dies auch eine höhere Vergütung – was meinen Sie?
Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Bundestags-Gesundheitsausschusses:
Wir wollen den schnellen Zugang zur Versorgung vorantreiben und haben der Selbstverwaltung bereits Möglichkeiten dazu gegeben – etwa die Terminservicestellen. Die Umsetzung erfolgt leider schleppend, sodass wir nun die Sprechzeiten ausweiten. Ein Instrument kann sein, den Erstkontakt mit einem Patienten besser zu vergüten. Dies ist bereits seit 2011 geregelt, damit Haus- und Fachärzte einen Anreiz haben, neue Patienten aufzunehmen. Leider hat meines Wissens nur die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen die Regelung tatsächlich umgesetzt. Ansonsten muss es darum gehen, mittels Digitalisierung und Entbürokratisierung den Ärzten mehr Zeit zu verschaffen, um für Patienten da zu sein.
Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen:
Viele Ärztinnen und Ärzte in der Primärversorgung bieten heute schon mehr als 25 Sprechstunden in der Woche an. Eine zusätzliche Vergütung für diejenigen, die bisher weniger gemacht haben, wäre zutiefst ungerecht. Die erheblichen Wartezeiten bei Fachärzten zeigen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen ihrem Sicherstellungsauftrag teilweise nicht nachkommen. Anstatt mehr Geld zu fordern, sollten die Vertreter der Kassenärzte lieber ihre Hausaufgaben machenn
Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung:
Die Mindestsprechstundenzeit pro Praxis von 20 auf 25 Stunden anzuheben ist – wenn überhaupt – nur dann möglich, wenn sie in Kombination mit Maßnahmen wie (Teil-)Entbudgetierungen einhergeht. Aktuell bekommen Ärzte rund jede zehnte Leistung, die sie im Bereich der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung erbringen, nicht bezahlt. Mal ganz abgesehen davon, dass es sich bei einem solchen politischen Ansinnen um einen eigentlich unzumutbaren Eingriff in die Praxisführung von Freiberuflern handelt, die schon heute durchschnittlich 52 Stunden pro Woche arbeiten.
Johann-Magnus v. Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes:
Ein Großteil der niedergelassenen Ärzte wird sich nicht umstellen müssen. Nämlich die, die ihre Praxis bereits heute länger als 20 Wochenstunden für GKV-Versicherte öffnen. Die anderen werden ihr Angebot umschichten müssen in Richtung mehr Sprechstunden für die Krankenversicherung, die 90 Prozent der Bevölkerung vertritt. Ich meine, das ist nicht zu viel verlangt. Warum damit Forderungen nach höheren Einnahmen oder ein Ende der Mengenbegrenzung einhergehen sollen, leuchtet mir nicht ein. Schließlich orientiert sich das GKV-Honorar an einer weitaus höheren Anzahl an Arbeitsstunden als die 25 Sprechstunden pro Woche.