Stufenplan für den Notfall
Bessere Qualität, gerechtere Finanzierung, sichere Erreichbarkeit: Das will der Gemeinsame Bundesausschuss mit einem Konzept zur gestuften Versorgung medizinischer Notfälle an Kliniken erreichen. Von Thomas Hommel
Die Beratungen waren intensiv
und zogen sich mehr als zwei Jahre hin: Jetzt hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) ein gestuftes System für die Notfallversorgung an Krankenhäusern beschlossen. Die neue Regelung sieht vor, dass die Kliniken bestimmte medizinische Anforderungen und Qualitätsstandards erfüllen müssen, um Vergütungszuschläge für die Notfallversorgung zu erhalten. Auf Grundlage des beschlossenen Stufensystems sollen die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der GKV-Spitzenverband und der Verband der privaten Krankenversicherung kostenneutral Zu- und Abschläge für die Teilnahme oder Nichtteilnahme der Kliniken an dem gestuften System von Notfallstrukturen vereinbaren. Das mache die Finanzierung „zielgenauer“ und gerechter, sagte der Unparteiische GBA-Vorsitzende, Professor Josef Hecken. Von den 1.748 Allgemeinkrankenhäusern bekämen nach den neuen Regeln 1.120 Häuser (64 Prozent) Zuschläge. Die 36 Prozent der Häuser, die keinen Zuschlag erhielten, hätten größtenteils auch in der Vergangenheit keine Notfallversorgung erbracht, teilte der GBA mit.
Vorgaben für Ausstattung und Personal.
Die Höhe der Zuschläge orientiert sich an drei Stufen, in die die Kliniken eingruppiert werden sollen: Basis-, erweiterte und umfassende Nofallversorgung. Je nach Stufe sind Mindestzahlen für Intensivbetten, Anzahl von Fachabteilungen, Qualifikation des Personals oder technische Ausstattung vorgesehen. So sieht die neue Regelung etwa vor, dass ein Krankenhaus für die Zuordnung in die Basisnotfallversorgung mindestens über die Fachabteilungen Chirurgie/Unfallchirurgie sowie Innere Medizin am Standort verfügen muss.
Um die stationäre Notfallversorgung auch in strukturschwachen Gegenden zu stärken, werden laut GBA alle Kliniken, die die Voraussetzungen für den Erhalt von Sicherstellungszuschlägen erfüllen, mindestens als Krankenhäuser der Basisnotfallversorgung eingestuft. Sicherstellungszuschläge sollen dazu dienen, in strukturschwachen Regionen eine stationäre Basisversorgung aufrecht zu erhalten.
Neben Mindeststandards für die Basisnotfallversorgung enthält die Neuregelung auch Anforderungen an die Notfallversorgung für Schwerverletzte in Traumazentren, die Kindernotfallversorgung, die Versorgung von Schlaganfällen sowie die Versorgung von Durchblutungsstörungen am Herzen. Die Krankenhausplanungsbehörden der Bundesländer können in Sonderfällen weitere Kliniken als Spezialversorger ausweisen. Die stationäre Notfallversorgung bleibe auch in strukturschwachen Gebieten gesichert, so Hecken. „Gleichzeitig erreichen wir mit dem Notfallkonzept, dass die unverzichtbaren medizinischen Anforderungen für die Patientenversorgung erfüllt sind.“ Gerade auch im Notfall müssten sich Patienten überall darauf verlassen können, dass das Krankenhaus, in das sie gebracht werden, die zügige und im Zweifelsfall lebensrettende medizinische Versorgung gewährleisten könne.
Ein erster Schritt.
Beim AOK-Bundesverband stieß das Konzept auf ein grundsätzlich positives Echo. „Der GBA hat den ersten wichtigen Schritt bei der Neuordnung der Notfallversorgung geschafft und mit der Festlegung von Notfallstufen eine neue Art für die Finanzierung von Vorhaltekosten geschaffen“, betonte Dr. Jürgen Malzahn, Leiter der Abteilung Stationäre Versorgung/Rehabilitation. Damit habe sich die Vergütungsgerechtigkeit im DRG-System verbessert, „da die Finanzierung der Zuschläge gesetzlich kostenneutral ausgestaltet ist“. In einem zweiten Schritt müsse aber dringend eine sektorenübergreifende Notfallversorgung erfolgen. „Rettungsdienst, ambulante Notfallversorgung und stationäre Versorgung sind dabei gemeinsam zu betrachten.“ Dass die Anzahl der Standorte für die Notfallversorgung weit unterhalb der vom GBA ausgewiesenen liegen könne, zeigt derweil ein Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Dort werden unter Erreichbarkeitsaspekten zwischen 736 und 337 Standorte für die Notfallversorgung errechnet. Dazu AOK-Experte Malzahn: „Für die 337 Standorte müsste viel gebaut werden – aus medizinscher Sicht ist eine weitgehende Konzentration der Notfallversorgung aber sinnvoll. Die Latte für die weiteren Schritte liegt also hoch.“
Weitere Informationen: GBA-Regelung zur stationären Notfallversorgung