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Kommentar

Heuschrecken im Anflug

Auf privates Kapital kann auch die Gesundheitsbranche nicht verzichten. Nicht selten aber hätten die Geldgeber nur den Profit und nicht die Patienten im Blick, warnt Tim Szent-Ivanyi.

Unter Finanzinvestoren

gilt es als „The Next Big Thing“, das nächste große Geschäft: der Einstieg in den Gesundheitssektor. Durch eine Beteiligung an Arztpraxen, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), Kliniken oder Pflegeheimen locken laut Anlageexperten Top-Renditen bei hoher Sicherheit. „Profitieren Sie vom demografischen Wandel und investieren Sie in eine sorgenfreie Zukunft“, heißt es auf der Internetseite einer internationalen Beratungsgesellschaft.

Das wollen sich Private-Equity-Gesellschaften, Hedgefonds oder andere Investmentfirmen nicht entgehen lassen. Nach einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen gab es zuletzt einen regelrechten Ansturm der Finanzinvestoren. Entfielen zwischen 2014 und 2016 nur drei Prozent aller Übernahmen durch Fremdinvestoren auf den Gesundheitssektor, waren es 2017 schon 15 Prozent. Seit 2013 übernahmen Fonds und andere Fremdkapitalgeber laut Studie 27 Kliniken, 31 MVZ und 48 Pflegeunternehmen mit insgesamt 66.000 Beschäftigten.

Gesundheit und Pflege dürfen keine Spekulationsobjekte werden.

Das ist gemessen an der Größe der Branche nicht viel. Doch der Trend ist unübersehbar – zumal angesichts der weiterhin niedrigen Zinsen lukrative Anlagealternativen fehlen. Unbestritten ist, dass die Versorgung von Millionen Patienten und Pflegebedürftigen ohne den Einsatz von privatem Kapital gar nicht möglich wäre. Aber Investor ist nicht gleich Investor. Sicher, auch niedergelassene Ärzte oder private Pflegedienste sind keine selbstlosen Samariter, sondern wollen mit ihrer Tätigkeit Geld verdienen. Doch reine Finanzinvestoren haben oft das Ziel, ein übernommenes Unternehmen in kürzester Zeit auf Rendite zu trimmen und dann gewinnbringend abzustoßen. Nicht selten zerlegen diese Heuschrecken dabei die Firmen oder quetschen sie aus wie Zitronen.

Als warnendes Beispiel gilt bei Kritikern der massenhafte Verkauf kommunaler Wohnungen in den Nullerjahren an Investmentfonds. Sie treiben die Mieten nach oben, investieren aber kaum. Die Politik scheint allerdings noch gar nicht erkannt zu haben, welche Gefahren auch in der Gesundheitsbranche drohen können. Es gibt mit Blick auf Finanzinvestoren weder eine gesonderte Überwachung des Marktes noch eine Regulierung. Das ist überfällig. Gesundheit und Pflege dürfen nicht zu Spekulationsobjekten werden.

Tim Szent-Ivanyi ist Korrespondent beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Bildnachweis: Markus Wächter