Freund und Helfer: Knapp die Hälfte der Deutschen kann sich den Einsatz von Robotern im Pflegealltag vorstellen.
Pflege

Votum für mehr Fantasie

Roboter, die in Heimen assistieren, Senioren, die in alternativen Wohnformen leben und Quereinsteiger, die umsatteln: Das Gros der Bundesbürger zeigt sich offen für neue Wege in der Pflege, wie eine Umfrage im Auftrag der AOK Hessen zeigt. Von Thomas Hommel

Er heißt Pepper und gilt als ein Pionier

in Sachen Pflegerobotik. Entwickelt im fernen Japan und nicht viel größer als ein Schuljunge, unterstützt Pepper Bewohner in Pflegeheimen beim Laufen und spricht sogar mit ihnen. Einen Pflegepatienten gefahrlos umbetten kann der mechanische Helfer zwar noch nicht. Doch dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er auch das bewerkstelligt.

Heute schon werden Roboter in Pflegeheimen erprobt und eingesetzt. In der Bevölkerung stößt ihr Einsatz auf große Akzeptanz – wenn auch mit Einschränkungen, wie eine von der AOK Hessen beauftragte Erhebung zur „Pflege der Zukunft“ zeigt.

Das Markforschungsinstitut Toluna befragte dafür 1.200 Bundesbürger. Laut Umfrage stuft fast jeder zweite Bürger bundes- und hessenweit (48 und 47 Prozent) Pflegeroboter zumindest als hilfreiche Unterstützung im Pflegealltag ein. Allerdings sind 46 Prozent der Bundesbürger und 43 Prozent der Hessen der Ansicht, der Pflegebedürftige solle selbst entscheiden, ob er von einem Roboter oder einer Pflegekraft gepflegt wird. Interessant: Nur jeder Zehnte wünscht sich, dass die Pflegeroboter ein menschliches Antlitz haben.

Breite Akzeptanz.

„Das Thema Pflegerobotik ist bei den Menschen angekommen und wird von vielen offensichtlich auch umfänglich reflektiert“, kommentiert Robert Ringer, Pflegechef bei der AOK Hessen. Gleichwohl habe die Umfrage auch zwei „widersprüchliche Befunde“ zu Tage gefördert: „Eine breite Zustimmung, sofern die Aufgaben der Pflegeroboter begrenzt und überwacht sind – gleichzeitig aber auch eine strikte Ablehnung bei mehr als jedem Viertem.“

Als mögliche Aufgaben für Pflegeroboter nennen viele die Patientenbeförderung im Rollstuhl (54/56 Prozent), das Umbetten (jeweils 36 Prozent) sowie die Unterstützung beim Essen (29/28 Prozent) und beim Toilettengang (26/23 Prozent). Die Kommunikation mit Patienten, die technisch schon möglich ist, wird nur von 21 Prozent der Bundesbürger und 16 Prozent der Hessen befürwortet. Auch das Verabreichen von Medikamenten findet wenig Zustimmung und liegt bei 15 beziehungsweise 18 Prozent.

Wohngruppen bevorzugt.

Gefragt wurde auch nach favorisierten Wohnformen, wenn eine Pflege im Alter zuhause nicht möglich oder gewünscht ist. Acht von zehn Deutschen und drei von vier Hessen würden dann eine Senioren-Wohngemeinschaft in Betracht ziehen. Stationäre Wohngruppen (86/87 Prozent) kommen sogar auf den ersten Platz, und ein wohnortnahes Pflegeheim können sich 79 Prozent (bundes- wie hessenweit) vorstellen – gefolgt von Senioren-Residenzen (79/78 Prozent) und Mehrgenerationenhäusern (78/74 Prozent). Auch spezielle Wohnsiedlungen für Menschen mit Erkrankungen, etwa Demenzdörfer, stoßen auf Sympathie (68/64 Prozent).

Kreative Ideen gefragt.

Sorgen bereitet vielen Deutschen indes der sich zuspitzende Fachkräftemangel in der Pflege. Den Kopf in den Sand stecken gilt für die meisten aber nicht – sie wünschen sich vielmehr kreative Ideen, um der Personalnot beizukommen. So können sich laut Umfrage 27 Prozent der Befragten „sehr gut“ vorstellen, dass Heime und Pflegedienste auf Quereinsteiger zurückgreifen, um offene Pflegestellen zu besetzen.

Die Ausbildung von Migrantinnen und Migranten zu Pflegekräften favorisieren 23 Prozent – das jedoch unter der Auflage, dass die Bewerber für die Aufgabe geeignet sind. Für eine verbesserte Ausbildung – damit ist neben der Spezialisierung auch die Akademisierung der Pflege gemeint – sprechen sich 43 Prozent der Bundesbürger „sehr“ und 46 Prozent „eher“ aus. 68 Prozent der Bundesbürger und 60 Prozent der Hessen befürworten zudem bessere Arbeitsbedingungen, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten.

„Wir konstatieren in der Bevölkerung eine erstaunlich hohe Bereitschaft auch für eher unkonventionelle Ideen. Mit Blick auf die Frage nach der Zukunft der Pflege kann das sehr hilfreich sein“, kommentiert Hessens AOK-Politikchef Ralf Metzger die Umfrageergebnisse.

Mehr Informationen über die Erhebung „Pflege der Zukunft”

Thomas Hommel ist Chefreporter der G+G.
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