Einwurf

Wissen schützt Gesundheit

Richtige Informationen von falschen zu unterscheiden, kann lebensrettend sein. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, setzt sich deshalb dafür ein, die digitale Gesundheitskompetenz zu verbessern.

Porträt von Stefan Schwartze, Patientenbeauftragter der Bundesregierung

Die Corona-Pandemie

hat uns einmal mehr vor Augen geführt, wie wichtig eine hohe Gesundheitskompetenz der Bevölkerung ist. Die Zunahme von widersprüchlichen, fehlerhaften oder bewusst falschen Informationen zu Gesundheitsthemen im Internet und in den sozialen Medien hat ein nie gekanntes Ausmaß und Schadenspotenzial erreicht. Eine hohe Gesundheitskompetenz ist daher heute mehr denn je eine Voraussetzung dafür, dass Bürgerinnen und Bürger, vor allem in der digitalen Welt, qualitätsgesicherte Gesundheitsinformationen finden, richtig einordnen und individuell nutzen können, um sich gut informiert und selbstbestimmt durch unser Gesundheitssystem zu bewegen.

Zahlreiche Studiendaten belegen jedoch, dass mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Bevölkerung nur über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz verfügt – sowohl in Bezug auf Erkrankungen, als auch auf die Erhaltung ihrer Gesundheit. Viele Menschen wissen nicht, welche Leistungen ihnen zustehen, welche Rechte und Pflichten sie haben oder an wen sie sich mit ihrem Anliegen wenden können. Besonders gilt das für Menschen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status und Bildungsniveau, ältere und chronisch kranke Patientinnen und Patienten, also diejenigen, die wir als vulnerable Gruppe bezeichnen.

Ziel muss es daher sein, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und insbesondere der vulnerablen Gruppen deutlich zu verbessern. Gerade im Hinblick auf die Corona-Pandemie müssen wissenschaftlich gesicherte Informationen zu Infektionsschutzmaßnahmen, Sicherheit der Impfstoffe oder der Notwendigkeit von Impfungen alle Bevölkerungsgruppen erreichen.

Viele Menschen wissen nicht, welche Rechte und Pflichten sie haben.

Der digitalen Gesundheitskompetenz kommt dabei eine zentrale Rolle zu, damit zuverlässige Gesundheitsinformationen im Internet und in sozialen Medien von Falsch- oder Fehlinformationen unterschieden werden und digitale Anwendungen wie beispielsweise Corona-Warn-App oder digitales Impfzertifikat wirklich genutzt werden können. Ein erster Schritt sollte sein, bestehende neutrale und qualitätsgesicherte Informations- und Beratungsangebote, wie etwa der Bundesregierung, der Unabhängigen Patientenberatung oder des Nationalen Gesundheitsportals, weiter auszubauen und so niedrigschwellig und bekannt wie möglich zu machen.

Für Ältere, chronisch Kranke oder Menschen mit Sprachbarrieren müssen wir wohnortnahe und aufsuchende Unterstützung anbieten. Hier können die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Gesundheitskioske in den Kommunen und Patientenlotsen, die Ratsuchende individuell durch das Gesundheitssystem begleiten, einen wertvollen Beitrag zur Förderung der Gesundheit leisten. Ebenso sollten Entlassungsbriefe, die sogenannten Patientenbriefe, im Anschluss an einen stationären Aufenthalt Patientinnen und Patienten gezielt und in einfacher Sprache über die Diagnose und erfolgte Behandlungen informieren. Sie können so eine wichtige Unterstützung im selbstbestimmten Umgang mit der eigenen Erkrankung sein.

Aber auch den Krankenkassen kommt eine wichtige Funktion zu, denn sie sind verpflichtet, Angebote zur Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz zu erstellen. Wichtig ist mir dabei, dass Krankenkassen nicht auf Standardmaßnahmen setzen, sondern mit individuellen Konzepten auf die verschiedenen Kompetenzen der Versicherten und ihre Affinität zu digitalen Lösungen eingehen. Das kann für die jüngere Zielgruppe eine thematische Einführung in die Funktionen der elektronischen Patientenakte bedeuten, während ältere Personen oder chronisch Kranke zunächst grundsätzlich im Umgang mit dem Internet, Smartphone oder Apps befähigt werden müssen. Ziel sollte es sein, dass alle Versicherten in die Lage versetzt werden, digitale Angebote zur Gesundheitserhaltung und -förderung selbstbestimmt zu nutzen und die Chancen und Risiken der jeweiligen Anwendungen für ihre individuelle Situation beurteilen zu können.

Stefan Schwartze, MdB, ist seit Januar 2022 Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten.
Bildnachweis: Thomas Ecke