Welche Rolle Selbsttäuschung im Alltag spielt, haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der belgischen Universität Antwerpen analysiert. Ihre Theorie: Selbsttäuschung hilft Menschen, in schwierigen Lagen die Motivation aufrechtzuerhalten. „Alle Menschen täuschen sich selbst, und zwar gar nicht so selten“, erläutert Professor Albert Newen vom RUB-Institut für Philosophie. „Wenn beispielsweise ein Vater überzeugt ist, dass sein Sohn ein guter Schüler ist und dieser dann schlechte Noten nach Hause bringt, wird er vielleicht erst einmal sagen, dass das Fach nicht so wichtig ist oder der Lehrer den Stoff nicht gut erklärt hat.“ Selbsttäuschung sei kurzfristig weder unvernünftig noch nachteilig für Menschen, mittel- und langfristig jedoch immer. Es handele sich um „einen Teil der kognitiven Grundausstattung des Menschen, um das bewährte Selbst- und Weltbild zu bewahren“, so Newen. In Zeiten mit wenigen Änderungen sei die Tendenz, an bewährten Sichtweisen festzuhalten, hilfreich. Bei radikal neuen Herausforderungen, die rasche Verhaltensänderungen erforderten, sei sie jedoch fatal.