GroKo hat noch Luft nach oben
Mehr Personal in der Pflege, frische Ideen für die Zusammenarbeit von Ärzten und Kliniken: Union und SPD wollen für neuen Schwung in der Gesundheitspolitik sorgen. Das Gros der G+G-Leserinnen und Leser ist skeptisch, ob der Koalition das gelingt. Von Thomas Hommel
„Wir haben verstanden und senden klare Botschaften,
dass wir etwas tun.“ Dieser Satz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – ursprünglich an Deutschlands Pflegeprofis gerichtet – steht wohl stellvertretend für die gesamte Ministerriege im mittlerweile vierten Kabinett unter Kanzlerin Angela Merkel. In der Gesundheitspolitik haben Union und SPD indes noch Überzeugungsarbeit zu leisten, wie eine Umfrage der G+G zum Koalitionsvertrag der GroKo nahelegt. Zahlreiche Leserinnen und Leser haben sich daran beteiligt. Mehr als 78 Prozent geben an, dass sie das acht Seiten umfassende Kapitel zum Themengespann Gesundheit und Pflege nicht überzeugt. Dass Jens Spahn an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums der Richtige ist, wird ebenfalls von einer Mehrheit (knapp 65 Prozent) verneint. Freilich: Für Spahn, der sich gerne als Macher sieht, dürfte das weiterer Ansporn sein, noch eine Schippe draufzulegen.
Stellenprogramm läuft ins Leere.
Ein großes Thema der gesundheitspolitischen Diskussion ist die Arbeitsverdichtung in Alten- und Pflegeheimen. Union und SPD haben sich daher darauf verständigt, mithilfe eines Sofortprogramms 13.000 neue Fachkraftstellen zu schaffen – anfangs waren 8.000 neue Stellen geplant. Nur knapp 31 Prozent der G+G-Leserinnen und -Leser halten ein solches Programm jedoch für ein probates Mittel im Kampf gegen Personalnotstand in der Pflege. Viele fragen sich, woher eigentlich die Bewerber für die neuen Stellen kommen sollen – zumal es heute schon im Schnitt 167 Tage dauert, eine Pflegestelle nachzubesetzen. Auch innerhalb der Koalition mehren sich daher die Stimmen, die ein Stellenprogramm nur als ein Hebel von vielen bezeichnen. Ebenso wichtig sei es, die Rahmenbedingungen in der Pflege zu verbessern. Nach Ansicht der G+G-Leserinnen und -Leser gehört eine faire Bezahlung der Beschäftigten unbedingt dazu. So halten 91 Prozent die Einführung von flächendeckenden Tarifverträgen in der Altenpflege für ein gutes und wichtiges Signal an die Branche.
Kooperation als Baustelle.
Handlungsbedarf sieht das Gros der G+G-Leserinnen und -Leser in der Zusammenarbeit von Ärzten und Kliniken. Laut Koalitionsvertrag soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vorschläge für eine stärkere sektorenübergreifende Versorgung erarbeiten. Über 92 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der G+G-Umfrage hätten sich hier konkretere Vorgaben der Politik gewünscht – etwa mit Blick auf eine Angleichung der Vergütungssystematiken im ambulanten und stationären Bereich.
Überraschend fällt der Leserbefund zur Bedarfsplanung und Qualitätssicherung im Krankenhausbereich aus: Dass die Bundesländer im zentralen Gremium der Selbstverwaltung – dem Gemeinsamen Bundesausschuss – bei beiden Themen ein gewichtiges Wörtchen mitreden sollen, halten immerhin 56 Prozent der G+G-Leserinnen und -Leser für richtig. 43 Prozent dagegen meinen, der stärker werdende Einfluss der Politik schade der Selbstverwaltung am Ende. Unentschieden geht das Votum zum Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aus: 50 Prozent halten die Fortschreibung des Verbots für richtig, die andere Hälfte senkt die Daumen. Fast pari pari fällt das Ergebnis zum Thema E-Health aus. Die Koalition hat sich die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben und verspricht neue Zulassungswege für digitale Anwendungen. Dass das für neuen Schwung auch im Gesundheitsbereich sorgt, meinen knapp 56 Prozent der G+G-Leserinnen und -Leser – 44 Prozent verneinen das.