Zeitschriftenschau
Ärzte: Behandlung außerhalb des medizinischen Standards
Welche rechtlichen Anforderungen bestehen, wenn eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard unterschreitende Behandlung vereinbart wird? Karl Nußstein, Vorsitzender Richter am Landgericht Regensburg, ist der Ansicht, dass Vereinbarungen grundsätzlich zulässig sind, aber sittenwidrig sein können, zum Beispiel dann, wenn übliche Hygienestandards ausgeschlossen werden. Im Übrigen könnten Ärzte haften, wenn der vereinbarte Standard unterschritten wird und/oder keine wirksame Einwilligung vorliegt.
Apps: Auf Kassenrezept teilweise möglich
Kann es Apps oder andere Software auf Rezept geben? Das ist zulässig, meinen Professor Dr. Martin Heckelmann und Diplom-Wirtschaftsjuristin Christine Schödel von der Technischen Hochschule Nürnberg. Die Kosten dafür würden bisher zwar nur einige Krankenkassen übernehmen. Aber es gebe keine Rechtsnormen, die dagegen sprächen, Software als Hilfs- oder Pflegehilfsmittel zuzulassen. Somit könnten beispielsweise eine App, die bei Tinnitus die Hyperaktivität der Nerven im Hörzentrum beruhigt, oder eine App zum Augentraining für Patienten mit einer starken Sehschwäche (Amblyopie) von der Leistungspflicht umfasst sein.
E-Health: Digitale Angebote als Satzungsleistung vorteilhaft
Krankenkassen können in ihren Satzungen zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität von nicht zugelassenen Leistungserbringern aufnehmen (Paragraf 11 Absatz 6 Sozialgesetzbuch V). Aus Sicht des Berliner Fachanwalts für Medizinrecht, Dr. Julius Braun, können solche Satzungsleistungen insbesondere im Bereich von Telemedizin und E-Health wettbewerbliche Vorteile bringen. In Betracht kämen vor allem digitale Produkte zur verbesserten Compliance (Therapietreue) oder zur verbesserten Überwachung von Gesundheitswerten.
Arbeitsunfähigkeit: Bescheinigung geht per Ferndiagnose
Im Mai 2018 hob der Deutsche Ärztetag das Fernbehandlungsverbot auf. Die damit eingeläutete Trendwende werde vielfältige rechtliche Auswirkungen haben, so der Medizinrechtler Professor Dr. Erik Hahn von der Hochschule Zittau/Görlitz. Darunter falle auch die Möglichkeit, eine Arbeitsunfähigkeit (AU) zu bescheinigen, ohne dass der Patient in der Arztpraxis gewesen ist. Denn es bestehe kein Grund dafür, warum eine Ferndiagnose berufsrechtlich für die Behandlung von Patienten möglich sein soll, nicht aber für die Ausstellung einer AU-Bescheinigung hinreichende Gewähr bieten sollte.