Walker,
Kommentar

Exempel Notfallversorgung

Mit dem Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung nimmt Jens Spahn die Dinge erneut selbst in die Hand. Gut, dass wenigstens in diesem Bereich die Sektorengrenzen überwunden werden sollen, findet Bernhard Walker.

Wo die Kanzlerin recht hat,

hat sie recht. Und so kann niemand dem dicken Lob widersprechen, das Angela Merkel ihrem Gesundheitsminister zollt: „Er schafft eine Menge weg.“ Das macht Jens Spahn zweifellos. Seine Gesetze und Gesetzesvorhaben berühren ganz verschiedene Themen und haben doch einen roten Faden: Der ehrgeizige CDU-Politiker bringt die gemeinsame Selbstverwaltung gehörig auf Trab. Was Merkel imponiert, missfällt der Selbstverwaltung durchaus. So mancher sehnt sich dort wohl nach den gemütlichen Zeiten unter Spahns Vorgänger Hermann Gröhe zurück. Doch diese Zeiten kommen nicht wieder, solange Spahn das Sagen hat. Und an dieser Stelle muss man anfügen: Das ist im Interesse eines modernen Gesundheitswesens auch gut so.

Vieles ist noch nicht ausgefeilt.

So hatten die Kliniken und die Kassenärztlichen Vereinigungen viel Zeit, eine Reform der Notfallversorgung voranzubringen. Mancherorts, aber eben nicht überall, ist ihnen das auch zum Beispiel mit den Portalpraxen an Krankenhäusern gut gelungen. Es fehlt also eine überzeugende Lösung für die ganze Republik. Kein Wunder deshalb, dass Spahn nun wieder dem roten Faden folgt, das heißt: die Dinge selbst in die Hand nimmt und einen Vorschlag zur Reform der Notfallversorgung unterbreitet. Ja, vieles daran ist noch nicht ausgefeilt – so zum Beispiel die künftige Rolle der Länder, die festlegen sollen, wo ein Integriertes Notfallzentrum entsteht. Und ja, es wird noch viele Gespräche und einige Mühe brauchen, bis daraus ein stimmiges Konzept wird. Das gilt umso mehr, als Spahns Konzept womöglich eine Änderung des Grundgesetzes nötig macht.

Auch ringen DKG und KBV weiter um Einfluss und Pfründe: Keine Seite will Patienten und Geld zugunsten der anderen verlieren. Wie so oft im Gesundheitswesen geht es um harte Eigeninteressen und weniger um das angebliche Wohl der Patienten – auch wenn natürlich jeder Akteur behauptet, genau das (und nur das) im Auge zu haben. Die vielen Unwägbarkeiten sprechen nicht gegen Spahn. Im Gegenteil: Wer Dinge anpackt und verändert, betritt immer Neuland. Zu lange schon reden zwar alle davon, wie wichtig es sei, die leidige Trennung von stationärem und ambulantem Sektor zu überwinden. Tatsächlich hat sich an den Sektorengrenzen wenig verändert. Höchste Zeit also, sie wenigstens an einer Stelle, sprich in der Notfallversorgung, zu überwinden.

Bernhard Walker ist Hauptstadt-Korrespondent der Badischen Zeitung aus Freiburg.
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