Zeitschriftenschau
Corona-Pandemie: Triage legitimieren
Die Corona-Pandemie hatte in einigen Ländern zu Überforderungen der nationalen Gesundheitssysteme geführt. Der Dresdner Rechtsprofessor Detlev Sternberg-Lieben fragt, wie in Deutschland sogenannte Triage-Entscheidungen aussehen könnten, wenn also Ärzte wegen unzureichender intensivmedizinischer Kapazitäten zu einer Patientenauswahl gezwungen sind. Das Prioritätsprinzip sei dann legitim. Ihm komme als Instrument formaler Chancengleichheit bei der Auswahl, welche Patienten vorrangig zu behandeln sind, entscheidende Bedeutung zu.
Behandlungsfehler: Beweislast nicht auf Apothekenhaftung anwendbar
Bei grob fehlerhafter ärztlicher Behandlung gilt zugunsten geschädigter Patienten, dass der Kausalzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und eingetretenem Gesundheitsschaden vermutet wird (Paragraf 630h Absatz 5 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Gilt diese Regel auch für betroffene Arzneimittelverbraucher in der Apothekerhaftung? Die Marburger Promovenden Jannik Bel und Jonas Fritsch lehnen dies mangels vergleichbarer Interessenslage ab. Die Norm sei auf die Besonderheiten des Behandelnden-Patienten-Verhältnisses zugeschnitten. Dennoch werde diese Beweislastregel voraussichtlich von den Gerichten analog auf grobe Pflichtverletzungen von Apothekern Anwendung finden.
Medizinprodukte-Verordnung: Aus Furcht vor Engpässen verschoben
Seit 26. Mai 2020 sollte die neue EU-Medizinprodukteverordnung gelten. Sie sieht unter anderem Verbesserungen für den Patientenschutz vor. Doch bedingt durch die Corona-Krise, verschob die EU deren Geltungsbeginn um ein Jahr. Grund hierfür war, so der Bonner Rechtsanwalt Professor Burkhard Sträter, die Befürchtung ernstzunehmender Versorgungsengpässe bei Medizinprodukten. Zudem wären auch die ursprünglichen Umsetzungsfristen nicht einzuhalten gewesen. Die gesetzliche Krankenversicherung sei von der Verschiebung aber nur marginal betroffen.
Einfrieren von Eizellen: Keine Kostenübernahme durch Sozialhilfeträger
Können kinderlose Paare bei krankheitsbedingter Unfruchtbarkeit vom Grundsicherungs- oder Sozialhilfeträger die Kostenübernahme für das Einfrieren von Ei- und Spermienzellen (Kryokonservierung) beanspruchen? Dr. Markos Uyanik, Richter am Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen meint, es sei zu erwarten, dass die Kryokonservierung demnächst mit der Änderung der künstlichen Befruchtungs-Richtlinie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss Kassenleistung werde. Dann aber stelle sich die Kostenfrage weiterhin für Altfälle und nicht gesetzlich Versicherte. Das Jobcenter müsse jedenfalls nicht einspringen. Mögliche Ansprüche richteten sich allein gegen die Krankenkasse.