Interview

„Belegschaften werden vielfältiger“

Diversitätsgerechte Maßnahmen in der Betrieblichen Gesundheitsförderung verbessern das Arbeitsklima. Werner Winter erläutert, wie die Umsetzung gelingt und worauf der Fokus liegen sollte.

Herr Winter, welche Rolle spielt Diversität in der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)?

Werner Winter: Aufgrund der Globalisierung, der demografischen Entwicklung und des Wandels am Arbeitsmarkt werden die Belegschaften vielfältiger. Diversitätsgerechte BGF-Maßnahmen bieten die Chance, alle Beschäftigten im Betrieb zu erreichen. So können beim Thema gesunde Ernährung kulturelle Aspekte neue kulinarische Impulse setzen und zum gegenseitigen Verständnis beitragen. Vielfalt spiegelt sich außerdem in der Arbeitsorganisation wider, zum Beispiel bei der Gestaltung von Arbeits- und Urlaubszeiten. Wer alleinerziehend ist, kann in der Regel keine Spätdienste übernehmen, wer fastet, benötigt flexible Arbeitsgestaltung am Morgen und Abend.

Porträt von Werner Winter, verantwortet „BGF in der Pflege“ im AOK-Bundesverband

Zur Person

Werner Winter ist seit 1982 in unterschiedlichen Feldern der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) tätig. Seit März 2020 arbeitet er im bundesweiten Fachprojekt „BGF in der Pflege“ beim AOK-Bundesverband in Berlin. Zuvor war er bei der AOK Bayern Leiter des Fachbereichs Betriebliches Gesundheitsmanagement.

Wie nützt das den Betrieben?

Winter: Das lässt sich am Beispiel der Pflege gut erläutern, denn auch Pflegebedürftige werden immer diverser. Für sie ist es wichtig, dass Pflegeeinrichtungen auf ihre Bedürfnisse, die persönliche, soziale und kulturelle Hintergründe haben, eingehen. Einrichtungen, die das leisten, sind für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen besonders attraktiv. Sie sind auch bei der Personalbindung erfolgreicher. Wenn das Pflegepersonal erlebt, dass pflegebedürftige Menschen sich wohlfühlen und zufrieden sind, verbessert das das Arbeitsklima und reduziert Belastungen.

Wie lassen sich Vielfalt und BGF in der Praxis verknüpfen?

Winter: Laut Leitfaden Prävention sollen alle BGF-Angebote alters-, geschlechts-, kultur- und migrationssensibel gestaltet sein. BGF ist ein Prozess: Die aktuelle Gesundheitssituation wird betrachtet, dann bewertet und daraus werden Maßnahmen abgeleitet. Am Ende prüft man, ob sich etwas verändert hat. Bei allen Schritten sollen Diversitätsaspekte einfließen. Bei der Analyse der Ist-Situation etwa gibt es Fragen zum Umgang mit Vielfalt in der Belegschaft. In den Steuerkreisen, die Gesundheitsziele formulieren, sollen idealerweise die wichtigsten Beschäftigtengruppen vertreten sein. Dadurch werden unterschiedliche Aspekte wie Sprache, Religion, Elternschaft oder Berufserfahrung bei der Entwicklung von Angeboten berücksichtigt.

Maria Sinjakowa führte das Interview. Sie ist verantwortliche Redakteurin im KomPart-Verlag.
Bildnachweis: privat