Porträt
Selbstverwaltung im Gespräch

„Die Bundesregierung muss Wort halten“

Auf die AOK-Gemeinschaft kommen hohe Belastungen zu. Für Christoph Meinecke, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Niedersachsen, steht die wettbewerbliche Krankenversicherung auf dem Spiel.

G+G: Herr Meinecke, Minister Spahn hat ein Maßnahmenpaket zur Deckung der Finanzlücke 2021 vorgelegt. Wie bewerten Sie dies?

Christoph Meinecke: Wir kritisieren mit Nachdruck, dass die Beitragszahler mit elf Milliarden Euro herangezogen werden und damit in weiten Teilen das Defizit decken sollen, das nach der im Koalitionsausschuss vereinbarten „Sozialgarantie 2021“ durch Bundeszuschüsse finanziert werden sollte. Das Gesetz ist ein nicht hinnehmbarer Angriff auf die Selbstverwaltung und ein nie dagewesener Eingriff in die Finanzautonomie der Kassen.

G+G: Wie stark ist die AOK Niedersachsen betroffen?

Meinecke: Für uns macht der Zugriff auf die Rücklagen einen dreistelligen Millionenbetrag aus. Es ist perfide, dass insbesondere jene Kassen hart bestraft werden, die gut gewirtschaftet und vorausschauend geplant haben. Das ist mit dem Prinzip des fairen Wettbewerbs nicht vereinbar. Hinzu kommt, dass der neue Risikostrukturausgleich viele AOKs nachhaltig belasten wird, solange Finanzmittel aus ländlichen Regionen in Metropolen umgeleitet werden.

G+G: Wie sollte das Finanzdefizit 2021 ausgeglichen werden?

Meinecke: Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich an ihre Zusagen hält. Entsprechend muss der Bundeszuschuss um acht Milliarden Euro angehoben werden. Wenn die Rücklagen der Kassen abgeräumt würden, hätte dies fatale Konsequenzen für die Leistungsfähigkeit der GKV. Es droht die Gefahr, dass bei einer dynamischen Ausgabenentwicklung einzelne Kassen in die Insolvenz rutschen.

Bildnachweis: AOK Niedersachsen