MRT bleibt Radiologen vorbehalten
Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, magnetresonanztomografische Leistungen (MRT-Leistungen) für gesetzlich versicherte Patienten auf Radiologen zu beschränken. Das entschied das Bundesverfassungsgericht und nahm die Verfassungsbeschwerde eines Kardiologen nicht an. Von Anja Mertens
– 1 BvR 3042/14 –
Bundesverfassungsgericht
Die Magnetresonanztomografie
(MRT) ermöglicht es, Struktur und Funktion von Gewebe und Organen im Körper darzustellen. Ärzte nutzen dieses bildgebende Verfahren, um bei Patienten Krankheiten festzustellen oder auszuschließen und Therapieverläufe zu kontrollieren. Die MRT kommt vor allem bei diagnostischen Untersuchungen des Gehirns, Rückenmarks und der inneren Organe zum Einsatz, weil sie besonders differenzierte und detaillierte Aufnahmen ermöglicht. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband legten in Qualitätssicherungsvereinbarungen zur Kernspintomografie und zur MR-Angiografie fest, dass MRT-Leistungen und deren Abrechnung den Fachärzten für Radiologie vorbehalten sind (Paragraf 135 Absatz 2 Sozialgesetzbuch V). Ob der generelle Ausschluss anderer Facharztgruppen mit dem Grundgesetz im Einklang steht, hatte nun das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Mediziners zu entscheiden.
Genehmigung versagt.
Der Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie war Direktor der kardiologischen Abteilung eines Herzzentrums und zur Erbringung vertragsärztlicher MRT-Leistungen auf dem Gebiet der Kardiologie ermächtigt (Paragraf 116 SGB V). Nachdem er 2007 die Zusatzweiterbildung „MRT – fachgebunden“ erworben hatte, beantragte er für seine ambulante Tätigkeit bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), MRT-Leistungen auch bei gesetzlich Krankenversicherten vornehmen und abrechnen zu dürfen. Dies lehnte die KV ab. Begründung: Er habe nicht die dafür erforderliche Facharztausbildung. Gegen die KV-Entscheidung klagte der Mediziner und bekam vor dem Sozialgericht Recht. Das Gericht verpflichtete die KV, ihm die Genehmigung für die Abrechnung seiner MRT-Leistungen zu erteilen. Die KV ging in Berufung und hatte vor dem Landessozialgericht Erfolg. Der Arzt legte Revision beim Bundessozialgericht ein, unterlag aber auch dort. Daraufhin reichte er Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Er sah das Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt (Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes). Die Zusatzweiterbildung liefe ins Leere, wenn MRT-Leistungen nicht auch durch entsprechend fortgebildete Fachärzte vorgenommen und abgerechnet werden dürften. Auf dem Teilgebiet des Herzens sei er letztlich sogar besser als Radiologen, weil für deren Facharztausbildung die MRT im Bereich des Herzens nicht zwingend vorgeschrieben sei.
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Die Karlsruher Richter hielten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet und nahmen sie nicht zur Entscheidung an. Zwar gebiete Artikel 3 des Grundgesetzes, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber könne aber Differenzierungen vornehmen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei dann verletzt, wenn bei Regelungen, die eine Personengruppe betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen kaum Unterschiede bestehen, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die Gruppe der Radiologen sei nicht zwingend vergleichbar mit der Gruppe der Kardiologen, die die Zusatzweiterbildung „MRT – fachgebunden“ besäßen.
Wirtschaftlichkeitsgebot unterstrichen.
Die vorgenommene Differenzierung wäre mit der „Sicherung der Wirtschaftlichkeit“ (Paragraf 135 Absatz 2 Satz 4 SGB V) gerechtfertigt. Dadurch, dass die Erbringung und Abrechnung von MRT-Leistungen Radiologen vorbehalten bleibe, solle der Anreiz für Fachärzte der sogenannten Organfächer mit Zusatzweiterbildung „MRT – fachgebunden“ unterbunden werden, sich selbst Patienten für die Erbringung und Abrechnung von MRT-Leistungen zu überweisen.
Die Beschränkung dient der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Behandlung, so die Verfassungsrichter.
Differenzierung nützt der Qualität.
Ebenso wie die Qualitätssicherungsvereinbarungen diene die Konzentration der MRT-Leistungen auf Radiologen der Qualitätssicherung, so das Bundesverfassungsgericht weiter. Dabei sei es nicht entscheidend, ob im Einzelfall – wie vorliegend von dem Beschwerdeführer behauptet – eine noch bessere fachliche Qualifikation vorliegt. Verfassungsrechtlich genüge es, dass Radiologen wegen ihrer Ausbildung eine hinreichende Gewähr für eine qualitative Vornahme von MRT-Leistungen bieten. Durch die hinreichende Qualität der MRT-Leistungen sinke zudem die finanzielle Belastung der Krankenkassen. Denn die Gefahr unzureichender, zu wiederholender oder die Behandlung in eine falsche Richtung lenkender Untersuchungen werde minimiert. Angesichts des Stellenwertes, der der Facharztausbildung für die Berufsausübung zukomme, sei eine Regelung, die nach Facharztgruppen differenziert, nicht zu beanstanden.
Nur Radiologen sind dafür ausgebildet.
Weiterhin stellten die Verfassungsrichter fest, dass der Leistungsausschluss anderer Facharztgruppen verhältnismäßig ist. Die Untersuchungs- und Abrechnungsbefugnis von MRT-Leistungen auf Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung „MRT - fachgebunden“ zu erweitern, liefe dem Mehraugenprinzip zuwider. Nur durch die Trennung von Diagnose und Therapie ließen sich wirtschaftliche Fehlanreize wirksam vermeiden. Zudem hingen die Berechtigung zur Behandlung sowie zur Abrechnung eng zusammen. Die Qualitätssicherungsvereinbarungen gingen von einer Gesamtbefugnis aus. Die dafür notwendigen umfassenden Kenntnisse hätten jedoch nach dem Ausbildungsrecht allein die Radiologen. Deshalb wäre die generelle Einbeziehung von Nicht-Radiologen zu weitgehend.
Kommentar: Nach über zehn Jahren hat das Bundesverfassungsgericht den Streit zu den MRT-Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung beendet. Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung zum Rechtsfrieden beiträgt.