Für Sie gelesen 4
Ärzte
Erfahrungen als Wendepunkt
In einem langen Berufsleben erleben Ärztinnen und Ärzte berührende Schicksale, die sie und ihre Sicht auf die Medizin nachhaltig verändern. Den Herausgebern dieses Buches ist es gelungen, 25 Medizinerinnen und Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen zu gewinnen, die von ihren Begegnungen mit Patientinnen und Patienten berichten und erzählen, was sie daraus für ihre eigene Arbeit mitgenommen haben. Da ist beispielsweise der Hausarzt, der von einer Familie beeindruckt ist, die trotz des Wissens, dass es keine Heilung gibt, die im Koma liegende Mutter 15 Jahre lang pflegt. Oder der Onkologe, der die Weigerung einer jungen Krebspatientin für eine weitere zehrende Chemotherapie akzeptieren muss und daraufhin einen Verein zur psychosozialen Betreuung von Krankenhauspatienten gründet. Zu Wort kommt auch der Psychiater Valentin Z. Markser, dem durch den Selbstmord seines Patienten Robert Enke, Torwart von Hannover 96, klar geworden ist, dass im Sport seelische Krankheiten genauso selbstverständlich behandelt werden müssen wie körperliche Verletzungen. All diese Erfahrungen eint die Einsicht, dass sich Mediziner mehr denn je auf ihre Patientinnen und Patienten einlassen und ihre Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigen müssen. Nur so lässt sich ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis schaffen.
Michael Lohmann, Jens-Ulrich Rüffer: Wenn eine Begegnung alles verändert. 2020. 272 Seiten. 19,80 Euro. atp-Verlag, Köln.
Gesellschaft
Unterhaken und zusammenrücken
Der aufkommende Extremismus als Gefahr für die Demokratie, die zunehmende Ungleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, der demografische Wandel mit seinen Herausforderungen für die Sozialsysteme und die Arbeitswelt sind Probleme, die es zu bewältigen gilt. Und dann auch noch die Corona-Pandemie mit einschneidenden Folgen für Gesundheit, Arbeit und Finanzen. „Kann das Jahr 2020 dennoch mit Zuversicht enden – also mit einem Plus?“, fragt sich Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Parteivorsitzender und Bundesminister und heutiger Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen, in seinem neuen Buch. „Ja“, gibt er sich selbst die Antwort, „wenn wir als Gesellschaft, als Staat und Individuen gemeinsam Verantwortung übernehmen und uns dabei der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität verpflichten.“ Mit klarer und verständlicher Sprache analysiert der Alt-Politiker die genannten Probleme unserer Zeit und teilt seine Gedanken zur Bewältigung mit. Dabei verliert er sich nicht in Theorien, sondern schöpft mit seinen 80 Lebensjahren aus einem reichen Erfahrungsschatz als Mensch und Politiker. Er zeigt: Auch die Älteren können und wollen ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten. Sie sind nicht nur Herausforderung, sie sind Teil der Lösung. „Es wird anstrengend werden, ob wir es wollen oder nicht. Aber Zuversicht wagt jeden Versuch!“
Franz Müntefering: Das Jahr 2020+. 2020. 192 Seiten. 18 Euro. Dietz-Verlag, Bonn.
Selbsthilfe
Austausch im virtuellen Raum
Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen
eröffnet der Selbsthilfe neue Räume der Kommunikation. Statt sich real in Gruppen mit anderen Betroffenen auszutauschen, wird heute virtuell gechattet, kommen Apps und interaktive Informationsplattformen zum Einsatz. Professor Dr. Frank Schulz-Nieswandt zeigt in der vorliegenden Expertise unter anderem am Beispiel des App-Projektes „MAM[MUT]“ der AOK PLUS für Sachsen & Thüringen, wie dynamisch die Digitalisierung in der Selbsthilfe voranschreitet. Das bleibt nicht ohne Folgen: Selbsthilfeorganisationen und -gruppen werden, so seine Hypothese, zu Service-Organisationen und Centern für Dritte als passive Konsumenten mutieren. Traditionelle Gruppen, die im Sinne einer Gegenseitigkeitshilfe in der lebend-weltlichen Nähe agieren, werden zunehmend bedeutungslos. Doch mit Verweis auf die alternde Gesellschaft und – ganz aktuell – der Corona-Krise mit der Notwendigkeit zu Distanz sieht der Autor in den rein virtuellen Selbsthilfemöglichkeiten durchaus Nutzen und Chancen. Bislang sind diese jedoch nicht förderfähig. Inwieweit die digitalisierte Selbsthilfe im Geltungsbereich des Paragraf 20h Sozialgesetzbuch V gefördert werden kann, wird abschließend ausführlich diskutiert.
Frank Schulz-Nieswandt: Digitalisierung der Selbsthilfe. 2020. 90 Seiten. 26 Euro. Nomos Verlag, Baden-Baden.
Corona-Pandemie
Zwischen Fakten und Fake-News
Tagtäglich hören und lesen wir mitunter gegenteilige Meldungen und Meinungen von Virologen und anderen Experten über SARS-CoV-2 und Covid-19. Doch was ist richtig, was ist falsch? Mit ihrem Buch will die Journalistin Miryam Muhm ihrer Leserschaft die Möglichkeit geben, sich im Dschungel der Halb- und Unwahrheiten, der unzulänglichen Berichterstattung, der Fake-News und seriösen Informationen ein differenziertes Bild über die Pandemie zu machen. Dafür hat sie zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten, Meinungen und Studien von Medizinern und Forschern gesichtet und die Fakten verständlich aufbereitet. Kritisch, aber sachlich nimmt sie die Informationen unter die Lupe und stellt sie geordnet gegenüber. Da geht es um den Ursprung des Virus, um die Covid-19-Tests, um Symptome und Therapien und die Rolle von Vitamin D zur Prophylaxe. Auch die Entwicklung von Impfstoffen und der Einfluss der Bill & Melinda Gates Foundation kommen zur Sprache. Ob es bei dem dynamischen Geschehen der Pandemie derzeit überhaupt schon eine Art von Wahrheit gibt, sei dahingestellt. Mit ihren faktenbasierten Analysen und den ausführlichen Quellenangaben bietet Miryam Muhm jedem die Möglichkeit, sich ein eigenes Bild zu machen.
Miryam Muhm: Die Wahrheit über Covid-19. 2020. 304 Seiten. 19 Euro. Europa Verlag, München.