Pflegeexpertinnen helfen, gesundheitliche Krisen bei älteren Patienten zu erkennen.
Ambulante Versorgung

Pflegeexpertise für die Primärmedizin

Im Projekt „HandinHand“ machen speziell geschulte Pflegekräfte Hausbesuche bei älteren chronisch kranken Menschen. Damit sollen sie Hausärzte im Landkreis Ahrweiler entlasten und die medizinische Basisversorgung sichern. Von Otmar Müller

Die Zahl der chronisch kranken

und multimorbiden älteren Menschen wächst stetig. Um akute gesundheitliche Krisen in dieser Patientengruppe frühzeitig zu erkennen und daraus resultierende Krankenhauseinweisungen zu vermeiden, brauchen chronisch Kranke eine intensive medizinische Betreuung. Weil aber vor allem in ländlichen Regionen die Zahl der Hausärzte sinkt, haben diese für Hausbesuche immer weniger Zeit. Umgekehrt fällt es multimorbiden Patienten oft schwer, selbst eine Arztpraxis aufzusuchen. Im Landkreis Ahrweiler hat die AOK Rheinland-Pfalz/Saarland deshalb gemeinsam mit dem Pflegeexperten-Center der Marienhaus Unternehmensgruppe das Projekt „HandinHand“ ins Leben gerufen. Das im März 2020 gestartete Projekt ist Teil der bundesweiten AOK-Initiative „Stadt.Land.Gesund.“ für eine bessere medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten.

Im Auftrag von Ärzten unterwegs.

In dem Modellprojekt versorgen speziell geschulte Pflegekräfte mehr als 230 ältere Menschen im Landkreis Ahrweiler. Langfristig sollen es einmal rund 1.500 Patienten werden. Die Pflegeexperten haben allesamt umfangreiche Berufserfahrung in der stationären Gesundheitsversorgung, studieren parallel in Vallendar „Pflegeexpertise“ und erhielten für ihre neue Aufgabe eine Einarbeitung, die mehrere hundert Stunden umfasst. „Mit dem klinischen Know-how unserer Pflegeexperten und ihrer langjährigen Erfahrung können wir bei den Hausbesuchen die Situation der älteren Menschen stabilisieren. Damit geben wir ihnen und ihren Angehörigen Sicherheit und unterstützen die Hausärzte bei ihrer Arbeit“, sagt Projektleiter Gunther Lauven. Im Auftrag der bislang 23 am Projekt teilnehmenden Hausärzte des Arztnetzes Ahrweiler beraten und leiten die Pflegekräfte die Patienten an, etwa bei der korrekten Einnahme der Medikamente. Wenn es Anzeichen dafür gibt, dass sich der Gesundheitszustand eines Patienten verschlechtert, setzen sie sich direkt mit dem behandelnden Hausarzt in Verbindung.

Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, begrüßt das Projekt: „Der Name ist Programm: Bei dem Projekt Hand in Hand steht die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt. Das Besondere ist: Ein Krankenhaus-Unternehmen, die Ärzteschaft und die Kostenträgerseite ziehen an einem Strang, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen: Unnötige Krankenhauseinweisungen sollen so weit wie möglich reduziert werden.“ Es gehe darum, dass ältere und chronisch kranke Menschen in ihrem vertrauten Umfeld gut versorgt werden, so die Ministerpräsidentin.

Innovationsfonds fördert das Projekt.

Wenn durch den Einsatz der Pflegeexperten die chronisch kranken älteren Patienten weiterhin gut versorgt und gleichzeitig die Hausärzte entlastet werden, könnte das Projekt auf andere Regionen ausgeweitet werden. „Für die AOK ist Hand in Hand ein Erfolg, weil alle Beteiligten an einem Strang ziehen und neue Lösungswege in der Versorgung ausprobieren. Für die Menschen in der Region wird durch ein innovatives Betreuungskonzept ein passgenauer Zugang zu Gesundheitsleistungen qualitätsgesichert erlebbar“, freut sich Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Die Finanzierung des zunächst auf drei Jahre angelegten Projektes übernimmt der Innovationsfonds mit insgesamt rund acht Millionen Euro.

Otmar Müller ist freier Journalist und hat in Köln ein Medienbüro mit dem Schwerpunkt Gesundheitspolitik.
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