Debatte

Gesunde Lebensmittel per Gesetz

Industriell erzeugte Nahrungsmittel enthalten häufig zu viel Zucker, Salz und Fett, beklagt SPD-Bundestagsabgeordnete Ursula Schulte. Sie fordert verbindliche Zielvorgaben für eine Nationale Reduktionsstrategie, um ernährungsbedingten Krankheiten vorzubeugen.

Die Fakten liegen auf dem Tisch:

Ernährungsbedingte Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck haben sich in den vergangenen vierzig Jahren mehr als verzehnfacht. Adipositasund deren Folgeerkrankungen schreiten mit dramatischen, persönlichen und sozialen Folgen voran. Aufklärungskampagnen helfen nur bedingt weiter. Zu viel, zu süßes, zu fettes oder zu salziges Essen macht krank.

Ein wichtiger Baustein im Gesamtkonzept zur Bekämpfung ernährungsbedingter Erkrankungen ist die Nationale Reduktionsstrategie für Zucker, Salz und Fett in zusammengesetzten Produkten. Bereits 2015 hat der Bundestag mit dem Koalitionsantrag „Gesunde Ernährung stärken“ (Bundestagsdrucksache 18/3726) diese Strategie beschlossen. Schrittweise sollten Zucker, Salz und Fett in Lebensmitteln verringert und gesündere Lebensmittel entwickelt werden. In vielen europäischen Ländern, wie beispielsweise in Großbritannien, Finnland, Frankreich, Spanien und Italien, gibt es bereits ähnliche Initiativen. In Großbritannien ist durch weniger Salz in Lebensmitteln das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte um rund 40 Prozent gesunken. Ein wirklicher Erfolg!

In vielen anderen Ländern gibt es bereits gute Initiativen.

In den Entwürfen fehlen die Zielvorgaben.

Das in Deutschland zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft reagiert bei der Umsetzung der Reduktionsstrategie allerdings sehr zögerlich. Zwar hat in der vergangenen Legislaturperiode der damalige Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) zwei Gesetzentwürfe vorgelegt. Leider bleiben diese Entwürfe weit hinter unseren Forderungen zurück. Statt verbindlicher Ziele zur Reduktion des Zucker-, Salz- und Fettgehaltes und eines klaren, verbindlichen Zeitplans setzt der Entwurf aus dem Ernährungsministerium auf den guten Willen der Lebensmittelindustrie. Die Reduktionsstrategie wird damit zum Papiertiger.

Wir brauchen klare Vorgaben, bis wann bei welchen Produkten welche Reduktionsziele erreicht werden sollen. Deshalb müssen unabhängige Ernährungsexperten, Ärzte, Krankenkassen sowie Gesundheits- und Verbraucherorganisationen Zielmarken für die verschiedenen Produktgruppen erarbeiten.Wenn Freiwilligkeit nicht funktioniert, benötigen wir eine gesetzlich vorgeschriebene Reduktion von Zucker, Salz und Fett in verarbeiteten Lebensmitteln.

Unternehmen tragen Verantwortung.

Die Forderung nach der Reduktionsstrategie ist ein Paradigmenwechsel. Sie zielt nicht nur auf eine Verhaltensänderung beim Einzelnen. Sie nimmt die Unternehmen in die Pflicht und macht deutlich, dass auch sie Verantwortung für die Gesundheit tragen. Gesunde Ernährung muss erleichtert werden, indem die angebotenen Produkte gesünder werden. Wir unterstützen die Menschen, die sich gesund ernähren wollen. Wir wollen keine Ge- oder Verbotspolitik – weder für die Menschen, noch für die Industrie. Mit der Reduktionsstrategie ermuntern wir die Lebensmittelwirtschaft, diesen Schritt mitzugehen.

Zur Reduktionsstrategie müssen aber zwingend weitere Faktoren kommen. Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam einen Bildungsansatz finden, der Verbraucherbildung in Kindertagesstätten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen verbindlich macht. Kinder und Jugendliche müssen lebensnah den Ursprung des Essens und die Möglichkeiten der Zubereitung vermittelt bekommen. So lernen sie Lebensmittel und gutes Essen wertzuschätzen.

Ampel erleichtert den Einkauf.

Das Gesamtpaket aus Reduktionsstrategie und Ernährungsbildung ist durch eine verständliche und vergleichbare Lebensmittelkennzeichnung zu ergänzen. Für den Laien muss auf den ersten Blick klar werden, welches Lebensmittel weniger Zucker, Salz oder Fett enthält. Eine Ampelkennzeichnung, wie sie die SPD-Bundestagsfraktion seit Langem fordert, vereinfacht die Kaufentscheidung des Verbrauchers. Eine solche Kennzeichnung ist klar, verständlich und eindeutig. Wir wollen die Menschen unterstützen, sich gesund zu ernähren. Dazu braucht es gesunde Produkte und einfache Hinweise auf eben diese gesunden Produkte.

Ursula Schulte ist SPD-Bundestagsabgeordnete und sitzt im Ernährungs- und Familienausschuss.
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