Einwurf

Daten verlängern das Leben

Digitale Anwendungen lassen sich schon heute für die Gesundheit nutzen. Doch wie weit wird der Einsatz von Smartphone und Co. gehen? Max Thinius entwirft ein Szenario und hat dabei auch die Skeptiker im Blick.

Max Thinius, Futurologe, Autor, Moderator und ausgebildeter Schauspieler

Mit diesen Daten bleiben Sie gesund!

So könnte in Zukunft eine Werbung lauten. Daten könnten uns sicher durch die Erkältungsperiode bringen oder rechtzeitig vor einem Burn-Out warnen. Fast jeder hat heute ein Smartphone bei sich. In diesem stecken Sensoren, die ultrafeine Bewegungen messen. Anhand unserer bloßen Gangart lässt sich der persönliche Gesundheitszustand ermitteln. Und das so fein, dass es die Software erkennt, bevor der Nutzer es selbst merkt.

Doch wir tragen das Smartphone ja nicht nur bei uns, sondern telefonieren auch mit ihm. Alleine anhand der Stimmfrequenz lassen sich recht gute Aussagen über den allgemeinen Gesundheitszustand und die Kraft des Immunsystems machen. Denn einzelne Stimmfrequenzen verändern sich minimal, je nachdem ob es uns gut oder schlecht geht. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass sich an bestimmten Stimmfrequenzen ablesen lässt, ob Menschen Krankheiten wie zum Beispiel Alzheimer bekommen. Und dies bereits lange vorher. Mit frühzeitiger Prävention könnte man dann das Ausbrechen einer Krankheit um viele Jahre nach hinten verschieben. Statt mit 60 würde sie dann vielleicht erst mit 80 oder 90 Beschwerden verursachen. Ein Gewinn an Lebens­qualität!

Andere Datenquellen könnten folgen: Zum Beispiel die Entsperrung des Telefons mittels Gesichtsscan. Hieran ließen sich dann – so mein Zukunftsszenario – die 25 gängigsten Volkskrankheiten, darunter Allergien, Burnout oder Herzinfarkt ablesen und bereits in einem so frühen Stadium erkennen, dass viele Krankheiten vollständig vermieden oder in ihrer Auswirkung erheblich reduziert werden könnten.

Doch es geht noch weiter. Es gibt bereits eine Zahnbürste, die mit einer halbwegs intelligenten App für mehr Zahngesundheit sorgen kann. Aber vielleicht folgt demnächst eine neue Version, die dann den Speichel messen und analysieren kann. Oder jeder hätte unter seiner Matratze eine sensorische Unterlage, die das Schlafverhalten erfasst. In der Summe würden sich Empfehlungen ergeben, durch die die meisten Krankheiten vermieden werden könnten. Empfehlungen, sich anders zu bewegen, zu ernähren oder einen Arzt aufzusuchen. Der Arzt müsste den Patienten dann nicht mehr lange untersuchen, sondern könnte auf Basis der persönlichen Daten schnell eine Diagnose stellen.

Überhaupt sollten sich Ärzte mehr von der Daten-Intelligenz unterstützen lassen. Die Diagnose von Hautkrebs beispielsweise kann durch einfache Fotoauswertung mit Hilfe von Daten verbessert werden. 20 oder 30 Jahre länger gesund leben – das könnte mit Daten schnell Realität werden.

Ärzte sollten sich mehr von Daten-Intelligenz unterstützen lassen.

Doch jetzt kommt das große Aber: Wir haben Angst vor Daten und davor, diese zu sammeln. Das ist in Deutschland ein weit verbreitetes Phänomen und hat geschichtlichen Ursprung. Durch Deutschlands Historie ist jegliche Anhäufung von Daten mit Skepsis bedacht. In anderen Ländern wie Skandinavien ist das anders. Diese haben gelernt, dass Verbrechen und Korruption damit aufgedeckt werden können.

Das andere Vorurteil gegenüber der Datensammlung und -auswertung: Wir trauen uns nicht mehr Spaß zu haben, Alkohol zu trinken, zu rauchen, das Leben zu genießen. Gut, das mit dem Alkohol und Rauchen sollte man ohnehin nicht im Übermaß tun. Aber das sind Daten, die so direkt gar nicht erfasst werden. Wir dürfen also weiterhin Spaß am Leben haben. Erst, wenn unser Leben droht Schaden zu nehmen, bekommen wir einen Hinweis.

Es lohnt sich, über die Chancen des Datensammelns nachzudenken und zu diskutieren. Denn zwei Drittel aller Alltagskrankheiten nicht zu bekommen, viele schwere und lebensbedrohliche Krankheiten zu vermeiden und am Ende länger zu leben, das scheint eine gute Perspektive zu sein. Und denken wir mal nicht nur an uns selbst, sondern auch an die Volkswirtschaft und die Lebensqualität aller Menschen. Daten könnten sogar helfen, die Gesundheit weltweit zu verbessern.

Max Thinius ist Futurologe, Autor, Moderator und ausgebildeter Schauspieler.
Bildnachweis: Dierk Kruse