„Wertvoller Input von Betroffenen“
Auf der Plattform fragdiepatienten.de des Deutschen Krebsforschungszentrums können sich Patienten und Forscher zu verschiedenen Themenkomplexen austauschen. Dr. Susanne Weg-Remers vom Krebsinformationsdienst erklärt die Motivation und die Idee dahinter.
Frau Dr. Weg-Remers, wie kam es zur Gründung Ihrer Internet-Plattform vor einem Jahr?
Susanne Weg-Remers: Patientenbeteiligung in der Forschung wird seit einigen Jahren von Patientenorganisationen immer lauter eingefordert. Deutsche Einrichtungen hinken da leider noch etwas hinterher. Daher haben wir mit Drittmitteln des Bundesgesundheitsministeriums die Plattform als niedrigschwelliges Instrument aufgebaut, um diese Lücke zu schließen. Auf breiter Basis kann jetzt wertvoller Input von Betroffenen in Wissenschaftsprojekte einfließen.
Zur Person
Dr. Susanne Weg-Remers ist Medizinerin mit Magister in Verwaltungswissenschaften und leitet seit September 2012 den aus öffentlichen Geldern finanzierten Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Dieser vermittelt wissenschaftlich fundierte und aktuelle Infos an Ratsuchende.
Weitere Informationen über fragdiepatienten.de
Die Plattform will Patienten beim Planen, Durchführen und Bewerten von onkologischer Forschung einbinden. Wie funktioniert das konkret?
Weg-Remers: Krebskranke haben vielfach eine spezielle Sicht auf das, was in der Forschung priorisiert werden muss. Und sie haben auch oft eine andere Sichtweise, wie bestimmte Forschungsergebnisse zu interpretieren sind. Durch Befragungen können Wissenschaftler über die Plattform Antworten zu Fragestellungen und zur Entwicklung von Forschungsagenden einholen. Wir vom Krebsinformationsdienst kümmern uns um eine verständliche Sprache, die Programmierung der Umfrage und die Datenschutzfreigabe. Ich wünsche mir noch mehr Umfragen aus der Forschung.
Um was für Themen geht es dabei?
Weg-Remers: Im Moment läuft etwa eine Erhebung zum Thema Datenschutz in der Krebsforschung. Wir stellen immer wieder fest, dass dieser doch ganz erhebliche Hürden mit sich bringt. Zum Beispiel lagern in den Archiven der Pathologien unglaublich viele Gewebeproben von Tumorpatienten, die nicht verwendet werden dürfen, weil die inzwischen verstorbenen Patienten keine Einwilligung mehr geben können. Auch andere Daten zu klinischen Verläufen sind tabu. Darum haben wir Krebspatienten gefragt, wie wichtig ihnen der Datenschutz ist und ob sie bereit wären, ihre Daten post mortem zur Verfügung zu stellen. In diesem Fall dient die Umfrage in erster Linie dazu, ein Stimmungsbild einzuholen und es der Politik zur Verfügung zu stellen. In einer anderen Befragung haben wir Auszüge aus Broschüren veröffentlicht, die in leichter Sprache über Brust- und Eierstockkrebs informieren. Betroffene mit einem familiären Risiko konnten sie bewerten und Verbesserungsvorschläge machen. Für den Herbst planen wir eine Umfrage zu den finanziellen Auswirkungen einer Krebserkrankung. Hier scheint das Ausmaß bislang nicht ausreichend erfasst worden zu sein.
Krebskranke haben eine spezielle Sicht, was die Forschung priorisieren sollte.
Haben die Patienten auch direkt etwas davon, wenn sie an einer Befragung teilnehmen?
Weg-Remers: Eine Grundbedingung an die Wissenschaftler ist, dass sie eine Zusammenfassung der Ergebnisse später auf der Seite veröffentlichen, um den Teilnehmenden etwas zurückzugeben und ihnen zu zeigen, was dabei herausgekommen ist. Das bedeutet auch, dass Forscher Umfrageresultate teilen müssen, die ihnen vielleicht nicht so gut gefallen.
Wie machen Sie Patienten auf neue Umfragen aufmerksam?
Weg-Remers: Wir bewerben die Seite ganz aktiv. Zum einen, indem wir die Krebsselbsthilfe informieren. Als unsere Kooperationspartnerin macht sie Umfragen über ihre Kanäle bekannt. Zum zweiten schalten wir auf der Seite krebsinformationsdienst.de News zu den Befragungen. Und wir veröffentlichen Posts auf unseren Social-Media-Kanälen.