Studie

Hilfe bei der Heimsuche

Um ein passendes Pflegeheim zu finden, benötigen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen verlässliche Informationen über die Einrichtungen. Was den Verbrauchern dabei wichtig ist, macht eine Studie deutlich. Sie liefert zugleich Hinweise, was Qualitätsberichte beinhalten sollten. Von Pia-Theresa Sonntag, Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey und PD Dr. Liane Schenk

Der Umzug aus den vertrauten vier Wänden in ein Heim ist für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen ein einschneidendes Ereignis. Die Furcht, nicht gut versorgt zu sein, die Autonomie zu verlieren und zu vereinsamen, ist groß. Die Verarbeitung dieses Lebenseinschnitts gelingt umso eher, wenn der Heimeintritt bewusst vorbereitet wird. Wer die möglichst beste Pflegeeinrichtung für sich oder einen Angehörigen sucht, benötigt dafür Informationen über infrage kommende Heime. Das geht mit der Aufgabe einher, für sich oder seinen Angehörigen zwischen Aspekten abzuwägen, die für die richtige Auswahl relevant sein könnten.

Betroffene befragt.

Die Frage, welche Kriterien Pflegebedürftigen bei einer Heimsuche wichtig sind, ist bislang aber kaum untersucht worden. Diese Lücke schließt eine wissenschaftliche Studie des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Qualität in der Pflege und dem AOK-Bundesverband.

Im Mittelpunkt der Befragung standen Pflegebedürftige und deren Angehörige. Dass Angehörige einbezogen worden sind, hat zweierlei Gründe: Zum einen sind nicht alle Pflegebedürftigen gesundheitlich in der Lage, einen Fragebogen (allein) auszufüllen. Zum anderen können Präferenzen von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen bei der Auswahl eines Pflegeheims unterschiedlich sein. Von Interesse war weiterhin, ob die Wichtigkeit von Auswahlkriterien zwischen ambulant und stationär versorgten Menschen unterschiedlich ist.

Befragt wurden mehr als 5.000 AOK-versicherte Pflegebedürftige mittels eines standardisierten Fragebogens. 70 Prozent der Befragten wurden ambulant gepflegt, 30 Prozent lebten bereits in einem Pflegeheim. Das Durchschnittsalter aller pflegebedürftigen Befragten betrug zum Zeitpunkt der Erhebung 80 Jahre. 60 Prozent waren Frauen und 40 Prozent Männer. Ein gutes Drittel aller Fragebögen (32 Prozent) beantworteten Angehörige.

Besichtigung vor Ort wichtig.

Hinsichtlich der Frage, welche Informationsquellen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bei der Suche nach einer geeigneten Pflegeeinrichtung nutzen oder bevorzugen, nennen fast drei Viertel der Befragten die persönliche Besichtigung vor Ort. Mehr als die Hälfte der Befragten holen Empfehlungen durch Freunde, Bekannte oder Familienmitglieder ein. Dagegen werden Ärzte oder Beratungsstellen deutlich seltener herangezogen. Etwa ein Viertel der Befragten lesen Bewertungen der Pflegeheime oder Informationsbroschüren. 18 Prozent nutzen das Internet für ihre Suche nach einem geeigneten Pflegeheim.

Die Angehörigen spielen eine zentrale Rolle bei der Auswahl einer geeigneten Pflegeeinrichtung: Bei nahezu der Hälfte der stationär Versorgten (48 Prozent) suchten Angehörige die Pflegeeinrichtung aus. Ein gutes Drittel (33 Prozent) der ambulant Versorgten gab zudem an, dass ihrer Meinung nach ein Angehöriger das Pflegeheim aussuchen sollte (siehe Grafik „Angehörige spielen eine wichtige Rolle“).

Kosten überblicken können.

Bei der Auswahl einer Pflegeeinrichtung spielen ökonomische Faktoren eine wesentliche Rolle. So rangieren bei den Befragten Informationen über die Kosten ganz vorn (37 Prozent). Entscheidender Aspekt ist dabei eine verständliche und nachvollziehbare Übersicht über die Gesamtkosten des Heimaufenthalts.

Grafik: Angehörige spielen eine wichtige Rolle

Die Befragung macht deutlich: Bei nahezu der Hälfte der stationär Versorgten (48,1 Prozent) haben die Angehörigen die Pflegeeinrichtung ausgesucht. Ein gutes Drittel (33 Prozent) der ambulant Versorgten ist der Meinung, dass Familienmitglieder ein Pflegeheim aussuchen sollten.

Quelle: Sonntag, Baer, Schenk (2017)

Ebenso bedeutend ist für die Befragten der Bereich Pflege (37 Prozent). Hier interessieren neben der Art der pflegerischen Versorgung auch personalbezogene Rahmenbedingungen. Eine hohe Bewertung erzielen Kriterien wie ein respektvoller Umgang des Pflegepersonals mit den Heimbewohnern, eine sorgfältige und an die Bedürfnisse angepasste Pflege, ein ausreichender Personalschlüssel und gut ausgebildetes Pflegepersonal.

Auf Platz drei der Präferenzliste steht die medizinische Versorgung (30 Prozent). So ist den Befragten die Versorgung durch Haus- und Fachärzte vor Ort im Pflegeheim sowie die Einbeziehung von Angehörigen bei medizinischen Entscheidungen den Befragten wichtig. Informationen darüber, ob eine autonome Lebensführung und Privatsphäre möglich ist, wollen 23 Prozent. Sie wollen wissen, ob sie zwischen Einzel- oder Zweibettzimmer wählen können, und bei Zwei- und Mehrbettzimmern, ob sie Einfluss auf die Wahl des Mitbewohners haben können.

Auf Platz fünf stehen Lage und Erreichbarkeit (22 Prozent). Hierunter fallen Kriterien wie die Nähe zum ursprünglichen Wohnort sowie zu Freunden und Angehörigen. Mit etwas Abstand werden auf den folgenden Rängen Wohnen und Ausstattung (16 Prozent), Essen und Trinken (15 Prozent), Reinigung und Wäsche (13 Prozent) sowie soziale Kontakte (13 Prozent) genannt. Im Vergleich dazu spielen mögliche Freizeitaktivitäten nur für fünf Prozent der Befragen eine Rolle (siehe Grafik „Geld gibt den Ausschlag“).

Präferenzen unterschiedlich.

Zugleich zeigt die Befragung, dass sich die Antworten von Heimbewohnern und ambulant versorgten Pflegebedürftigen unterscheiden: Während für die bereits im Heim lebenden Menschen Informationen zur Pflege, Lage und Erreichbarkeit sowie zur medizinischen Versorgung wichtige Auswahlkriterien sind, stehen für ambulant Versorgte die Kosten, Pflege und medizinische Versorgung ganz oben.

Grafik: Geld gibt den Aussschlag

Ökonomische Aspekte spielen bei der Auswahl einer Pflegeeinrichtung eine wesentliche Rolle. So wünschen sich 37 Prozent der Befragten Auskunft über die Kosten. Genauso viele wollen Informationen über die Pflege , die neben der pflegerischen Versorgung auch die Personalausstattung beinhaltet.

Quelle: Sonntag, Baer, Schenk  (2017)

Hinsichtlich der Informationen über Essen und Trinken zeigen sich ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen den zwei Versorgungsgruppen: Dies ist den ambulant versorgten Menschen (16 Prozent) wichtiger als den Heimbewohnern (zwölf Prozent).

Prägnante Unterschiede gibt es auch in der Bewertung der Informationen über die Kosten einer Pflegeeinrichtung: Während 41 Prozent der ambulanten Versorgungsgruppe Informationen darüber als entscheidend bei der Auswahl einer Pflegeeinrichtung bewertet, sind es innerhalb der stationären Gruppe nur 27 Prozent.

Der Vergleich zwischen Angehörigen und Pflegebedürftigen zeigt hinsichtlich der Prioritäten zunächst keine Unterschiede: Auf Platz eins rangiert der Bereich Pflege, gefolgt von den Kosten und der medizinischen Versorgung.

Auffällig ist jedoch der Bewertungsunterschied hinsichtlich Lage und Erreichbarkeit der Pflegeeinrichtung. Mehr als ein Viertel der Angehörigen (26 Prozent) nennen dies als entscheidend im Auswahlprozess. Bei den Pflegebedürftigen sind es nur 17 Prozent. Weitere Unterschiede zwischen Angehörigen und Pflegebedürftigen bestehen für die Bereiche Wohnen und Ausstattung sowie Freizeitaktivitäten. Informationen zu Wohnen und Ausstattung schätzen die Pflegebedürftigen im Vergleich zu ihren Angehören (17 zu 13 Prozent) häufiger als „entscheidend“ ein. Einen ebenfalls signifikant höheren Stellenwert nehmen für die Pflegebedürftigen (acht Prozent) Freizeitaktivitäten ein. Bei den Angehörigen sind es nur drei Prozent.

Qualitätsberichte an Betroffenen ausrichten.

Insgesamt liefert die Befragung vielschichtige Erkenntnisse zu relevanten Qualitätskriterien und zur Auswahl eines guten Pflegeheims aus Sicht Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen sowie aus dem Blickwinkel von ambulant oder stationär versorgten Menschen.

Wer nach einem passenden Pflegeheim oder einem ambulanten Pflegedienst sucht, findet Hilfe mit dem Pflege-Navigator der AOK. Die umfangreiche Online-Datenbank bietet die Möglichkeit, Pflegeeinrichtungen oder -dienste gezielt nach Ort, Preis und Zusatzdaten zu recherchieren.

Der Pflege-Navigator informiert über das Leistungsspektrum sowie die pflegefachlichen Schwerpunkte der jeweiligen Einrichtungen. Neben den Preisen werden auch die Eigenanteile der Versicherten angezeigt. Zusätzlich können die Einrichtungen eigene Informationen beispielsweise über besondere Betreuungsangebote, die Möbelmitnahme, die Verpflegung oder über ihr Qualitätsmanagement informieren. Zudem enthält der Pflege-Navigator die Ergebnisse aus Qualitätsprüfungen von Pflegeeinrichtungen.

Hilfebedürftige Menschen und ihre Angehörige können diese Daten gezielt bei ihrer Suche nutzen.

Sie belegt die zentrale Rolle der Angehörigen bei der Auswahl einer adäquaten Pflegeeinrichtung. Sie beeinflussen den Entscheidungsprozess meist maßgeblich oder treffen die Entscheidung. Wegen der unterschiedlichen Präferenzen der Angehörigen und der Pflegebedürftigen sowie den ambulant und den stationär versorgten Menschen ist für die künftige Qualitätsberichterstattung wichtig, die Informationen über Pflegeheime auf die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche von Angehörigen und Pflegebedürftigen in unterschiedlichen Lebenslagen zuzuschneiden.

Insgesamt weisen die Studienergebnisse darauf hin, dass die Qualitätsberichte eine große Bandbreite an Informationen enthalten und diese entsprechend der Priorisierung der einzelnen Bereiche sowie ausgerichtet an den verschiedenen Adressatengruppen strukturiert und kategorisiert werden sollten. Dies hilft den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen, eine für sie adäquate Pflegeeinrichtung auszuwählen.

Pia-Theresa Sonntag, Diplom-Soziologin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité – Universitätsmedizin.
Adelheid Kuhlmey ist wissenschaftliche Leiterin des Centrums für Human- und Gesundheitswissenschaften der Charité.
Liane Schenk leitet den Bereich Medizinische und pflegerische Versorgungsforschung am Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité.
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