Innovationsfonds soll erhalten bleiben
Der Entwurf des Digitale Versorgungs-Gesetzes sieht vor, den Innovationsfonds zu verstetigen – wenn auch mit weniger Geld. Dass sich das lohnt, darüber waren sich Fachleute auf einer Tagung des Bundesverbands Managed Care einig. Von Änne Töpfer
Um neue Versorgungsformen
zu fördern, hat der Gesetzgeber 2016 den Innovationsfonds aufgelegt. Bis Ende 2019 fließen daraus jährlich 300 Millionen Euro – Mittel der gesetzlichen Krankenversicherung und des Gesundheitsfonds – in bislang rund 300 Praxis- und Forschungsprojekte. Für die nächste Förderphase gingen im Frühjahr 2019 insgesamt 286 Anträge ein. Mit dem geplanten „Digitale Versorgungs-Gesetz“ will der Gesetzgeber nun den Innovationsfonds bis 2024 verlängern – allerdings mit weniger Geld und geänderten Modalitäten. Zu einem Rück- und Ausblick auf die Wirkungen und Möglichkeiten des Fördertopfes hatte deshalb der Bundesverband Managed Care (BMC) eingeladen. Rund 130 Expertinnen und Experten, viele von ihnen mit der Umsetzung der geförderten Projekte beschäftigt, nahmen an der BMC-Fachtagung Mitte Juni in Berlin teil.
BMC-Vorstandsvorsitzender Professor Dr. Volker Amelung hält es für richtig, „dass der Innovationsfonds – zumindest in der Planung – verstetigt wird“. „Das Gesundheitssystem braucht externe Stimuli“, so Amelung. Die Qualität der Projekte habe zwischen der ersten und letzten Förderwelle nicht abgenommen. Er spricht sich für die Förderung kleinerer, riskanterer Projekte aus. „Scheitern ist kein Versagen, sondern gehört dazu.“
Die Qualität der Projekte hat zwischen der ersten und letzten Förderwelle nicht abgenommen.
Mit weniger Mitteln mehr erreichen.
Bei den gesetzlichen Neuregelungen zum Innovationsfonds stützt sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf den Koalitionsvertrag, eigene Erfahrungen und die von ihm in Auftrag gegebene Evaluation von Prognos. Dr. Wolfgang Riedel, federführender Autor, fasste Ergebnisse des Teilberichts – er fußt auf der Auswertung der Förderphase 2016 bis 2018 – auf der Tagung zusammen. Riedel rät unter anderem dazu, in den Expertenbeirat des Innovationsfonds versorgungspraktische Expertise einzubeziehen, die Themenauswahl an Versorgungszielen zu orientieren und den Transfer in die Regelversorgung strukturiert vorzubereiten.
Anregungen, die der Gesetzgeber im Entwurf des Digitale Versorgungs-Gesetz aufgreift, wie Friederike Botzenhardt deutlich machte. Die Förderung solle noch zielgerichteter und die Verfahren effizienter werden, so die Leiterin des Referats Innovationsfonds im BMG. „Wir wollen mit weniger Mitteln mehr erreichen.“
Der Gesetzentwurf sieht vor, die Verteilung der dann jährlich 200 Millionen Euro leicht zu verschieben: Künftig sollen 80 Prozent statt bisher 75 Prozent in Projekte zu neuen Versorgungsformen fließen, 20 Prozent in die Versorgungsforschung. Fünf Millionen Euro jährlich sollen für die Leitlinienentwicklung bereitstehen. Für die Festlegung der Förderthemen – nur noch 20 Prozent der geförderten Projekte dürfen themenoffen sein – soll ein systematisches Konsultationsverfahren mit externer Expertise etabliert werden. Die Aufgaben der Geschäftsstelle des Innovationsfonds sollen laut Gesetzesplänen konkretisiert und ausgeweitet werden.
Selektivverträge als Alternative.
Das schönste Projekt nützt nichts, wenn es keinen Niederschlag in der Regelversorgung findet. Deshalb soll der Innovationsausschuss, angesiedelt beim Gemeinsamen Bundesausschuss, künftig drei Monate nach dem Abschlussbericht eines geförderten Projektes eine Empfehlung zur Überführung in die Regelversorgung geben. Dabei hat das BMG hauptsächlich die Kollektivversorgung im Blick. „In bestimmten Bereichen kann es aber auch sinnvoll sein, Ansätze in Selektivverträge zu überführen“, so Botzenhardt. Hier bleibe die Regelung flexibel.
Steffen Bohm bestätigte: „Selektivverträge können eine Option sein, weil sich nicht alle Projekte in die Fläche überführen lassen.“ Bohm ist Geschäftsführer von Agenon, ein Beratungsunternehmen, das 81 Projekte des Innovationsfonds gesichtet hat (siehe Beitrag G+G-Wissenschaft 3/2019). „Das ist in vielerlei Hinsicht eine bunte Schar“, so Bohm. Beim Transfer in die Praxis seien für einige der Projekte die vorhandenen Verfahren ausreichend, andere benötigten eine Anpassung der bestehenden Richtlinien. Damit auch komplexere Projekte eine Chance in der Regelversorgung haben, müsse ein intelligenter Rahmen zur Umsetzung geschaffen werden. Zudem empfiehlt Bohm, die „Defizite in der Erforschung der fach-, berufsgruppen-, einrichtungs- und sektorenübergreifenden Versorgung dringend zu beseitigen“.