Aufbruch bei der Pflege?
Durch die Konzertierte Aktion hat das Thema Pflege hohe Aufmerksamkeit erlangt. Die Regierung muss sich nun an ihren Versprechungen messen lassen, meint Bettina Markmeyer.
Die Bundesregierung
hat das Thema Pflege ins Zentrum der Innenpolitik gerückt. Das ist ohne Zweifel ein Verdienst ihrer Konzertierten Aktion Pflege, deren Ergebnisse Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) vorgestellt haben.
Bei allen Zweifeln an der Umsetzung ist doch eines klar: Alle Welt weiß inzwischen, dass die Frauen und Männer, die pflegebedürftigen Menschen zur Seite stehen, für ihre aufreibende Arbeit zu wenig Lohn und Wertschätzung bekommen. Es hat sich auch herumgesprochen, dass es uns alle mehr Geld kosten wird, die Altenpflege zu finanzieren. Das ist gut so. Einen solch breiten Konsens gibt es derzeit wohl in keinem anderen Politikfeld.
Das Gesetz für bessere Löhne in der Pflege, das Heil zwei Wochen später ins Kabinett gebracht hat, sorgt nun für Konflikte. Die privaten Pflegeanbieter machen Front dagegen. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, wie Heil ihn will, wird möglicherweise nicht zustandekommen. Doch wird es dann wenigstens Mindestlöhne für Fachkräfte geben. Und noch lassen sich Heil und Spahn bei der Frage der Refinanzierung nicht gegeneinander ausspielen. Kritisieren lässt sich allerdings, dass die Intervention zehn Jahre zu spät kommt. Pflegeheime werben sich inzwischen Fachkräfte ab. Dumpinglöhne wie in der Vergangenheit können sich Pflege-Arbeitgeber nicht mehr überall leisten.
Die Intervention bei den Löhnen kommt zehn Jahre zu spät.
Bemängelt wurde an der Konzertierten Aktion, in die alle Akteure der Branche einbezogen waren, dass viel bereits Verabredetes erneut präsentiert wurde. Höhere Löhne, mehr Ausbildungsplätze und die finanzielle Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger stehen schon im Koalitionsvertrag. Dafür hätte es das Schaulaufen nicht gebraucht.
Aber es gibt auch weniger beachtete Verabredungen, die im Alltag mehr verändern können als das Streitthema Tarifbindung. Verlässliche Dienstpläne, Rückhol-Programme für ausgestiegene Altenpflegerinnen oder Anreize für die überwiegend in Teilzeit arbeitenden Pflegekräfte, ihre Stundenzahl aufzustocken. Das funktioniert nur, wenn die Arbeitsbedingungen stimmen. Für eine Pflegekraft sei nicht entscheidend, wer Gesundheitsminister ist, sondern ob sie Verbesserungen feststellen könne, hat Spahn Anfang Juni gesagt. Daran wird sich die Regierung messen lassen müssen.
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