Der Gesundheitspreis stand in diesem Jahr unter dem Motto „Gesundheit lässt sich lernen“. Minister Jens Spahn (links) bekam als Laudator vom Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, dazu ein Exemplar des neuen Handbuchs „Gesundheitskompetenz“überreicht, das viele Beispiele aus der Praxis enthält. Download des Handbuchs
Preisverleihung

Sauberes Wissen über Gesundheit

Jedem zweiten Bürger fällt es Umfragen zufolge schwer, Informationen zu seiner Gesundheit zu finden und zu verstehen. Der Berliner Gesundheitspreis zielte daher in diesem Jahr auf die Vermittlung von mehr Kompetenzen in diesem Bereich. Von Thorsten Severin

Um das eigene Gesundheitswissen

zu überprüfen, gab es für die Zuhörer bei der Preisverleihung einige Testfragen: Was es bedeute, wenn der Arzt zu einer C2-Karenz ermahne, wollte der Moderator beispielsweise wissen. Die Lösung: Der Mediziner rät dann, nur noch alkoholfreie Getränke zu sich zu nehmen. Doch die meisten Gäste entschieden sich für die falsche Antwort. Eine besonders schwierige Aufgabe hatte Gesundheitsminister Jens Spahn mitgebracht: „Was bedeutet der Begriff Hypertriglyceridämie?“ Wissend nickten nur Mediziner im Auditorium – der großen Mehrheit der Anwesenden war nicht bekannt, dass es sich um zu viel Fett im Blut handelt.

Gerade Entlassbriefe von Krankenhäusern sind oft gespickt mit solch komplizierten Formulierungen, die man als „Medizinerlatein“ bezeichnen würde. Die Gewinnerin des mit 25.000 Euro dotierten ersten Preises – die „Was hab’ ich?“ gGmbH mit Sitz in Dresden – setzt sich daher seit einigen Jahren für mehr Verständlichkeit im Gesundheitswesen ein (siehe Beitrag „Kein Brief mit sieben Siegeln“). Das Team um Ansgar Jonietz hat eine Software entwickelt, mit der Kliniken zur Entlassung individuelle und vor allem leicht zu verstehende Briefe für den Patienten automatisiert erstellen können, ohne dass der Arzt zusätzliche Arbeit hat. In einer farbigen Broschüre werden die Diagnosen, Untersuchungen und der Medikamentenplan erläutert. Außerdem gibt es Empfehlungen für ein gesundheitsförderliches Verhalten. „Wenn es etabliert ist, ist es ein Selbstläufer“, berichtete Jonietz von den Pilotversuchen.

Schulprojekt ausgezeichnet.

Den zweiten Platz bei dem vom AOK-Bundesverband, der Ärztekammer Berlin und der AOK Nordost vergebenen Gesundheitspreis belegte das Projekt ScienceKids. Hier können Schüler im Unterricht durch eigenes Erleben Antworten auf Fragen zu gesunder Ernährung, Bewegung und seelischem Wohlbefinden erarbeiten. Die Lehrmaterialien lassen sich in verschiedenen Fächern oder bei Projekttagen einsetzen. Entwickelt wurde das Programm vom baden-württembergischen Kultusministerium, dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung sowie der Stiftung Sport in der Schule. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, warb dafür, das Konzept über Baden-Württemberg hinaus in die Bildungspläne anderer Bundesländer zu übertragen. Der dritte Platz ging an die „Patientenuniversität“ der Medizinischen Hochschule Hannover, die mit Vorlesungen und Aktionen medizinisches Wissen an Bürger laienverständlich vermittelt.

Nachahmer gesucht.

Beim Gesundheitspreis, bei dem sich 41 Projekte um die ausgelobten 50.000 Euro bewarben, sei Nachahmen nicht nur erlaubt, „sondern ausdrücklich erwünscht“, sagte der Vorstandschef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch. Um die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung zu erhöhen, würden noch viel mehr gute Angebote benötigt. „Im 19. Jahrhundert war sauberes Wasser die wichtigste Ressource, um gesund zu bleiben. Im 21. Jahrhundert ist es sauberes Wissen“, brachte es der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, auf den Punkt. Laudator Spahn sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, „Fake News“ im Gesundheitsbereich mit soliden Infos entgegenzutreten. Wer sich bei Google oder anderen Suchmaschinen etwa über Masernimpfung oder Organspende informiere, treffe nicht selten zunächst auf allerlei Verschwörungstheorien. Deshalb werde zurzeit ein digitales Gesundheitsportal entwickelt, bei dem sich jeder schnell, verständlich und werbefrei über alle Themen rund um Gesundheit und Pflege informieren könne.


Hier finden Sie das vollständige G+G-Spezial zum Berliner Gesundheitspreis.

Thorsten Severin ist Redakteur der G+G.
Bildnachweis: Stefan Melchior