Patientenlotsen geben Orientierung in der Vielfalt des Versorgungsangebots.
Versorgungssteuerung

Pfadfinder im Gesundheitsdschungel

Patientenlotsen helfen Menschen beispielsweise nach einem Schlaganfall, den Weg zu den passenden Gesundheitsleistungen zu finden. Das Modell hat sich in der Praxis bewährt. Nun fordern Fachleute den Einzug in die Regelversorgung. Von Irja Most

Was ihre Arbeit ausmacht,

erzählt Sigrid Blitz in einem Kurzfilm auf dem ersten „Tag der Patientenlotsen“ in Berlin: „Ich bin für den Patienten Vermittlerin, Koordinatorin und Ansprechpartnerin. Für den Arzt übernehme ich auch adminis­trative Tätigkeiten, damit er sich auf die medizinisch-therapeutischen Maßnahmen konzentrieren kann.“ Blitz arbeitet am neuromuskulären Zentrum der Universitätsmedizin Göttingen. Dass die Tätigkeit der Patientenlotsen ein wichtiger Baustein zur Verbesserung des Gesundheitssystems ist, darüber bestand auf der Veranstaltung Einigkeit.
 
Mehr als 45 Projekte erproben die Effizienz dieser neuen Versorgungsform in der Praxis. „Die Erfahrungen der verschiedenen Lotsenmodelle verdeutlichen sehr eindrücklich, dass es an der Zeit beziehungsweise längst überfällig ist, zu gesetzlichen Regelungen zu kommen“, betonte Professor Peter Löcherbach, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management.

Es gehe darum, dass Menschen mit komplexem Versorgungsbedarf einen rechtlichen Anspruch auf „eine Wegleitung, ein Case- und Care-Management“ haben sollten. „Da ist eine qualifizierte Person, die informiert, berät, vermittelt und begleitet, die sich um die Dinge, die anstehen und notwendig sind, kümmert und die unterschiedlichen Hilfen aufeinander abstimmt“, so der Professor für Sozialarbeitswissenschaft an der Katholischen Hochschule Mainz. Gefragt sei nun die Bundesregierung, das in ihrem Koalitionsvertrag formulierte Versprechen zügig umzusetzen. Dort steht: „Für erfolgreich geförderte Projekte, wie die der Patientenlotsen, werden wir einen Pfad vorgeben, wie diese in die Regelversorgung überführt werden können.“ Dieser bislang ungeklärte Pfad stand im Fokus der Veranstaltung in Berlin.

Bessere Steuerung spart Kosten.

Dass Patientenlotsen dazu beitrügen, Bedarfsgerechtigkeit herzustellen und knappe Ressourcen im Gesundheitssystem zielgerechter zu nutzen, unterstrich auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze, in seinem Grußwort. „Eine Über-, Unter oder Fehlversorgung ist nicht nur ethisch, sondern auch gesundheitsökonomisch nicht hinnehmbar.“ Interessant und für die Politik mitentscheidend sei daher die Frage: „Ist der Einsatz von Patientenlotsen nicht vielleicht sogar kostenneutral, da die Versorgung besser gesteuert wird?“

Dem schloss sich Linda Heitmann, die für Die Grünen im Gesundheitsausschuss sitzt, an: „Hier braucht es unseren Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), wirklich klar die Indikationen zu benennen, bei denen ein solcher Anspruch besteht. Denn sonst schaffen wir letztlich eine rechtliche Grauzone.“ Der GBA müsse außerdem definieren, welche Qualitätsanforderungen Patientenlotsen zu erfüllen haben.

Eckpunkte für den Anspruch.

Es gehe nicht darum, jedes einzelne Lotsen-Projekt in die Regelversorgung zu überführen, sondern aus den Erfahrungen Richtlinien abzuleiten, machte Malte Behmer deutlich. Der stellvertretende Geschäftsführer des Bundesverbandes Managed Care stellte „Eckpunkte für einen Anspruch auf Lotsenleistungen“ vor. Zum einen gehe es um den Leistungsumfang. Dieser setze einen komplexen Versorgungsbedarf voraus und müsse eine begrenzte Verordnungsdauer haben sowie nach „Lotsengraden“ differenzierbar sein. Ein weiterer Punkt sei die Qualifikation der Lotsen. Dazu gehörten medizinische, therapeutische, pflegerische oder soziale Grundqualifikationen inklusive einschlägiger Berufserfahrung ebenso wie spezielle Weiterbildungen zu Case- und Care-Managern oder Module beispielsweise zu Sozialgesetzgebung und Patientenkommunikation.

Darüber hinaus nannte Behmer als Eckpunkt die „organisatorische Anbindung, die ganz vielfältig sein kann“ und nicht in ärzt­licher Delegation erfolgen solle. Patien­tenlotsen könnten in Praxisverbünden, Krankenhäusern, Primärversorgungszentren, Gesundheits­kiosken oder eingebunden in ein regionales Netzwerk arbeiten.

Irja Most ist Redakteurin im KomPart-Verlag.
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