Die Gewinnerinnen und Gewinner des Berliner Gesundheitspreises freuten sich über die Anerkennung ihrer Arbeit.
Ideenwettbewerb

Gute Gesundheitschancen für alle

Soziale Benachteiligung kann krank machen. Mit dem Berliner Gesundheitspreis 2023 sind vier Projekte ausgezeichnet worden, die die gesundheitliche Versorgung mit sozialer Unterstützung verknüpfen und nachhaltige Lösungen im Alltag umsetzen. Von Dr. Silke Heller-Jung

Wer in prekären Verhältnissen lebt,

hat neben sozialen oft auch gesundheitliche Probleme. Beim Berliner Gesundheitspreis 2023 drehte sich darum alles um die Frage, wie sich Gesundheit gerecht gestalten lässt. Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Innovationspreis, mit dem die Ärztekammer Berlin und der AOK-Bundesverband bereits zum 13. Mal guten Ideen für eine bessere Gesundheitsversorgung eine Bühne geben, ist kürzlich in Berlin verliehen worden.

Arztbesuch ist ein Menschenrecht.

Wer keinen oder nur unzureichenden Zugang zur medizinischen Versorgung hat, erhält oft erst spät eine Diagnose und die nötige Behandlung. Nicht selten verschlimmern sich dadurch gesundheitliche Probleme oder werden chronisch. Dass das auch in Deutschland immer noch passiere, sei „ein Skandal, der nicht zu tolerieren ist“, mahnte Dr. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. „Der Zugang zu einer adäquaten medizinischen Versorgung ist ein Menschenrecht.“

Endlich wieder krankenversichert.

Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge mehrere Hunderttausend Menschen ohne Krankenversicherung. Für sie unter­hält der Verein „Ärzte der Welt“ seit 2006 in der Münchener Innenstadt eine medizinische Anlaufstelle und einen Behandlungsbus, in dem ehrenamtlich tätige Ärztinnen und Ärzte Menschen ohne Zugang zu medizinischer Versorgung behandeln. Gleichzeitig unterstützt das Projekt „open.med“ Betroffene auf dem Weg (zurück) in die Krankenversicherung. Dieses Engagement ist mit dem ersten Preis ausgezeichnet worden.

Gesundheitsförderung im Stadtteil.

„Gesundheit ist leider viel zu oft auch eine soziale Frage“, konstatierte Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, in ihrer Laudatio für die Trägervereine zweier Stadtteilgesundheitszentren in Hamburg und Berlin, die ebenfalls mit einem ersten Preis geehrt wurden. Die Zentren bieten in strukturschwachen Stadtteilen medizinische und soziale Unterstützung unter einem Dach an und ergänzen diese mit aufsuchenden und dezentralen Angeboten zur Gemeinwesenarbeit.

Kurze Wege zur Hilfe.

Mit einem Sonderpreis würdigte die Jury das Angebot einer Sozialsprechstunde in Arztpraxen in Ber­lin-Lichtenberg. Wenn sich gesundheitliche und soziale Probleme überschneiden, ist eine qualifizierte Sozialberatung gleich zur Stelle.

Auf der Webseite des Berliner Gesundheitspreises 2023 gibt es weitere Informationen, Porträts der ausgezeichneten Projekte und einen Mitschnitt der Preisverleihung.

So kommen Hilfsangebote auf direktem Wege auch bei schwer erreichbaren Zielgruppen an. Dieses Konzept sei „so einfach wie bestechend“, lobte Laudatorin Jana Bauer, Bundeskoordinatorin des Gesunde-Städte-Netzwerks. Dass „Angebote der Daseinsvorsorge der Kommunen direkt in die Arztpraxen eingebunden werden“, komme den Patientinnen und Patienten zugute und entlaste zugleich die Ärztinnen und Ärzte.

Hand in Hand für Familien.

Kinder von psychisch oder suchtkranken Eltern haben ein hohes Risiko, selbst zu erkranken. Um diese Familien wirksam zu unter­stützen, setzt sich ein bundesweit agierendes Kooperationsnetzwerk für eine SGB-übergreifende interdisziplinäre Kooperation der verschiedenen Hilfe- und Versorgungssysteme ein. Das Engagement des Netzwerks, das ebenfalls mit einem Sonderpreis geehrt wurde, würdigte Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfrak­tion Bündnis 90/Die Grünen, als Appell an die „Verantwortungsträger in Politik und Verwaltung, nicht in Silos zu denken“.

Passgenaue Angebote.

Sozial benachteiligte Menschen benötigten zusätzlich zur gesundheitlichen Versorgung auch so­ziale Unterstützung, so Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Es gelte, „soziale Problemlagen zu erkennen und den Menschen in ihren Lebenswelten passgenaue Angebote zu unterbreiten. Um dies zu erreichen, müssen alle Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen bereichsübergreifend zusammenarbeiten. Dass dies funktionieren kann, zeigen unsere diesjährigen Preisträger.“

Silke Heller-Jung ist freie Journalistin mit dem Schwerpunkt Gesundheit und Pflege.
Bildnachweis: Stefan Melchior